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Edition Rechtsextremismus

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Ein systematisierender Überblick über Entwicklungslinien …<br />

41<br />

Auf eine nicht unwichtige Sozialisationsinstanz, auf den Ein uss jugendlicher<br />

Cliquen und Milieus, machen die Arbeiten von Bohnsack, Loos, Schäffer, Städtler<br />

und Wild (1995), Farin und Seidel-Pielen (1993a,b), Geng (1998), Wetzels und<br />

Enzmann (1999) aufmerksam.<br />

Bewegungsforschung:<br />

Im Kontext der o. g. kritischen Auseinandersetzung mit der Desintegrationstheorie<br />

entwickelte sich in der ersten Hälfte der 1990er Jahre auch eine kontroverse Debatte<br />

um den <strong>Rechtsextremismus</strong> als soziale Bewegung (vgl. zum Überblick auch<br />

Schroeder, 2003, S. 113ff.). Basierend auf politikwissenschaftlichen und soziologischen<br />

Theorien sozialer Bewegungen verweist z. B. Jaschke auf das rechtsextreme<br />

Protestverhalten als „eine sich zur sozialen Bewegung formierende modernisierungskritische<br />

Reaktion auf zwei fundamentale Veränderungen der Gesellschaft –<br />

auf Ethnisierungsprozesse und auf Individualisierungsschübe“ (Jaschke, 1993,<br />

S. 105, zit. n. Schroeder, 2003, S. 114; vgl. auch Hellmann, 1998; Leggewie, 1994;<br />

Willems, 1996). Eine lesenswerte Zusammenfassung der sozial- und politikwissenschaftlichen<br />

Ansätze, mit denen der <strong>Rechtsextremismus</strong> als soziale Bewegung<br />

charakterisiert werden kann, ndet sich bei Rucht (1995) und Koopmans (1995).<br />

Rucht deniert soziale Bewegungen folgendermaßen:<br />

„Soziale Bewegungen sind ein besonderer Typus von Kollektiven, nämlich auf gewisse<br />

Dauer gestellte Netzwerke von Gruppen und Organisationen, die sozialen<br />

Wandel mit Mitteln des Protests herbeiführen, verhindern oder rückgängig machen<br />

wollen. Die Gemeinsamkeit dieser Zielsetzung ist für kollektive Identität nicht hinreichend.<br />

Armeen und Friedensbewegungen mögen gleichermaßen an der Verhütung<br />

von Kriegen interessiert sein, aber sie bilden deshalb kein übergreifendes Kollektiv.<br />

Erst wer sich einer Bewegung als einem sozialen Zusammenhang, charakterisiert<br />

durch bestimmte Träger sowie bestimmte Handlungs- und namentlich Protestformen,<br />

zurechnet und dies möglichst praktisch bezeugt, teilt somit die kollektive Identität<br />

der Bewegung“ (Rucht, 1995, S. 11).<br />

In diesem Sinne lassen sich soziale Bewegungen auch als soziale Milieus (Hellmann,<br />

1995, S. 73) oder als Deutegemeinschaften (Frindte, 1998; S. 84ff.) verstehen.<br />

Deutegemeinschaften sind jene sozialen Gemeinschaften von Menschen, die<br />

die Welt in interindividuell ähnlicher Weise beobachten, beurteilen und darüber<br />

kommunizieren. Deutegemeinschaften erzeugen normativen Druck auf jene, die<br />

sich den jeweiligen Gemeinschaften zugehörig fühlen und sich mit den Bedeutungsräumen<br />

identi zieren. Nicht Fakten, sondern dieses Zugehörigkeitsgefühl<br />

und die entsprechende Identikation erzeugen einen normativen Zwang, Geschehnisse<br />

so zu beobachten und zu beurteilen, wie es die vermeintlichen prototypi-

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