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Edition Rechtsextremismus

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42<br />

Wolfgang Frindte et al.<br />

schen Mitglieder der Gemeinschaft tun oder tun könnten. Deutegemeinschaften<br />

sind in diesem Sinne Meinungsmacher, Mythenmacher, Allmachtsvertreter. Sie<br />

erheben den Anspruch, mit normativer Kraft die Welt zu interpretieren und zu<br />

verändern. In diesem Sinne versuchen Deutegemeinschaften konkurrierende Deutungen<br />

von Welt zu unterdrücken und/ode r aus dem gesamtgesellschaftlichen<br />

und globalen Diskurs zu vertreiben, um an deren Stelle ihre eigenen Welt- und<br />

Lebensbegründungen zu etablieren. In gewissem Sinne lassen sich Deutegemeinschaften<br />

mit dem Gruppenkonstrukt vergleichen, das in der Theorie der sozialen<br />

Identität (SIT) von Henri Tajfel, John C. Turner und anderen genutzt wird (Tajfel<br />

& Turner, 1986; weitere verwandte Ansätze sind die Self-Categorization Theory,<br />

Turner, Hogg, Oakes, Reicher & Wetherell, 1987; das Social Identity Model of<br />

Deindividuation Phenomena, Reicher, Spears & Postmes, 1995). Auf diese sozialpsychologische<br />

Betrachtung sozialer Bewegungen haben Simon (1995) und Zick<br />

und Wagner (1995) aufmerksam gemacht. Simon weist in diesem Sinne darauf hin:<br />

„Aus sozialpsychologischer Perspektive setzt sich eine soziale Bewegung aus Personen<br />

zusammen, die sich nicht als Individuen, sondern als Vertreter einer sozialen<br />

Kategorie bzw. Gruppe verstehen, und die gemeinschaftlich einen sozialen Wandel<br />

herbeiführen wollen. Selbst-Interpretation als Gruppenmitglied (d. h. Priorisierung<br />

des kollektiven Selbst gegenüber dem individuellen Selbst) wird damit zur entscheidenden<br />

sozialpsychologischen Grundlage sozialer Bewegungen“ (Simon, 1995,<br />

S. 53).<br />

Allerdings betont Ruud Koopmans auch die zum damaligen Zeitpunkt (1995) noch<br />

vorhandenen empirischen De zite der Bewegungsforschung in der Analyse des<br />

<strong>Rechtsextremismus</strong>:<br />

„Eine … Herausforderung für die Bewegungsforschung ist die Welle von Gewalt<br />

gegen Ausländer und Asylanten, die Deutschland seit ein paar Jahren überschwemmt.<br />

Zwar hat dieses Phänomen eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Arbeiten ausgelöst,<br />

aber ich kenne keine Studie, die systematisch mit einer bewegungstheoretischen<br />

Perspektive arbeitet“ (Koopmans, 1995, S. 96).<br />

C<br />

Mikro-soziale und individuelle Bedingungen<br />

Täteranalysen<br />

In ihrer vielfach zitierten Analyse fremdenfeindlicher Gewalttäter zeigen Willems<br />

et al. (1993), dass fremdenfeindliche Straftaten in neun von zehn Fällen als<br />

Gruppentat verübt werden. Dabei spielen subkulturelle Skinheadgruppen wie auch

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