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Edition Rechtsextremismus

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430 Daniel Köhler<br />

Nimmt man die hier kurz angerissenen grundlegenden Erkenntnisse der Forschung<br />

zusammen, lassen sich essentielle Kernelemente der praktischen Deradikalisierungsarbeit<br />

ableiten, welche weiter unten im Detail erläutert werden.<br />

3 Typologie von Deradikalisierungsprogrammen<br />

Weltweit haben sich in den letzten Jahrzehnten etliche und vielfältigste Programme<br />

gebildet, die sich in den Bereich ‚Deradikalisierung’ einordnen lassen. Dabei<br />

gehen moderne Deradikalisierungs- im Kern auf Demobilisierungsprogramme<br />

der 1970er und 1980er Jahre zurück, welche oftmals im Rahmen langwieriger<br />

Bürgerkriege auf bestimmte Kon iktparteien ausgelegt waren. Die Demobilisierung<br />

des „Schwarzen Septembers“ der PLO zum Beispiel beinhaltete individuelle<br />

Anreize zu Heiraten und eine Familie zu gründen (vgl. Dechesne, 2011, S. 287).<br />

In Italien versuchte ein ähnliches Programm die Auösung der „Roten Brigaden“<br />

(ebd.) zu verstetigen, sowie es auch in Nordirland als Bestandteil des ‚Good Friday<br />

Agreement’ von 1998 (Horgan & Braddock, 2010, S. 269) und in Kolumbien<br />

mit einem staatlichen Programm zur Entwaffnung und Reintegration ehemaliger<br />

FARC Mitglieder seit 1997 durchaus erfolgreich versucht wurde (ebd., S. 271).<br />

Diese Programme arbeiteten umfassend mit nanziellen Anreizen und Unterstützung<br />

bei der sozialen Reintegration. Bei späteren Programmen wurden auch ideologische<br />

oder theologische Elemente hinzugefügt, was die starke Beachtung der<br />

umfassend staatlich nanzierten und organisierten Deradikalisierungsprogramme<br />

im Nahen Osten und Süd-Ost-Asien erklärt. Sowohl in Indonesien als auch in<br />

Jemen („Religious Dialogue Committee“ ab 2002) und Saudi-Arabien (ab 2003)<br />

spielen theologische Argumentation und Deradikalisierung inhaftierter islamistischer<br />

Terroristen eine zentrale Rolle (vgl. Horgan & Braddock, 2010; Noricks,<br />

2009; Rabasa, Pettyjohn, Ghez, & Boucek, 2010). Diese Programme wurden zu<br />

Vorbildern für ähnliche Initiativen in Ägypten, Jordanien, Algerien, Tadschikistan,<br />

Malaysia, Singapur, Irak und Thailand (ebd.). Unter dem Eindruck und der<br />

(positiven) Erfahrung der ideologischen Deradikalisierung (wenn auch unter umfassender<br />

wissenschaftlicher Kritik) wurden ebenfalls staatliche Programme mit<br />

vergleichbaren Ansprüchen in Dänemark, Großbritannien und den Niederlanden<br />

gegründet. Auch in Norwegen, Schweden und Deutschland wurden seit 1998 (in<br />

Deutschland ab 2000) erste Erfahrungen mit Ausstiegsprogrammen für Rechtsextremisten<br />

gesammelt. Vergleicht man die zentralen Charakteristika entsprechender<br />

Programme weltweit, so lassen sich drei Kernlinien aufzeigen, welche für eine<br />

Typologisierung essentiell sind. Die hier skizzierten Typen sind notwendig, um bestimmte<br />

strukturelle Eigenschaften (Potentiale und Grenzen, Stärken und Schwä-

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