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Edition Rechtsextremismus

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Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt in Brandenburg …<br />

345<br />

3.2.1 Erfassung vor 2001<br />

Seit 1959 werden sog. „echte Staatsschutzdelikte“ gesondert in der allgemeinen<br />

„Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) als „Polizeiliche Kriminalstatistik –<br />

Staatsschutz“ (PKS-S) aufgeführt. Die PKS-S ist eine Ausgangsstatistik, d. h.,<br />

dass die Straftaten erst in die Statistik ein ießen, wenn die Ermittlungen zu dem<br />

Fall abgeschlossen sind und an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht übergeben<br />

werden. Ab Januar 1961 werden Staatsschutzdelikte außerdem zusätzlich durch<br />

den „Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Sachen Staatsschutz“ (KPMD-S)<br />

statistisch erfasst. Der KPMD-S ist seit 1966 eine Eingangsstatistik und umfasst<br />

Delikte, die aus einer extremistischen Motivation heraus das Ziel der Systemüberwindung<br />

haben. Bei der Eingangsstatistik werden Fälle tatzeitnah mit der Aufnahme<br />

der Ermittlungen und somit schon beim ersten Anfangsverdacht der KPMD-S<br />

gemeldet. Während die PKS-S nur die Kriminalitätsentwicklung für ein Kalenderjahr<br />

abbildete, ermöglicht die KPMD-S eine bessere und zeitnahe Information<br />

über aktuelle polizeiliche Lagebilder und somit mehr Möglichkeiten zur Prävention<br />

und Gefahrenabwehr. 8<br />

Ein wesentliches Bestimmungskriterium der PKS-S war die Zuordnung der<br />

Straftat zu einer Organisation. Bei der Darstellung der PKS-S ergaben sich daraus<br />

frühzeitig zwei Probleme, die dazu führten, dass 50% – 70% aller Staatschutzdelikte<br />

weder als links- noch als rechtsextremistisch klassiziert werden konnten.<br />

Entweder waren die Motivlagen nicht eindeutig bzw. fehlten vollkommen oder die<br />

Zugehörigkeit zu einer Organisation konnte nicht nachgewiesen werden (vgl. BMI<br />

& BMJ, 2001, S. 266).<br />

Im Kontext des Anstieges rechtsextremer Gewalt nach der Wiedervereinigung<br />

wurde Anfang 1992 der Sondermeldedienst für fremdenfeindliche, 1993 für antisemitische<br />

Straftaten eingeführt. 9 Mit diesen Anpassungen wurde auf gesellschaftliche<br />

Entwicklungen und Debatten reagiert, die man nicht mehr ignorieren konnte.<br />

Dies war auch eine Reaktion auf die Vorwürfe, die Behörden verschleierten – be-<br />

8 Auf der anderen Seite weist eine Eingangsstatistik eine höhere Unsicherheit auf, denn<br />

der Sachverhalt kann sich im Zuge weiterer Ermittlungen anders darstellen. Um damit<br />

verbundene Unsicherheiten gering zu halten, sind nachträgliche Korrekturmöglichkeiten<br />

vorhanden (Vgl. BT-Drs. 17/7161).<br />

9 Antisemitische Straftaten wurden gesondert aufgeführt, da manche antisemitische<br />

Straftaten nicht zwingend dem <strong>Rechtsextremismus</strong> zugeordnet werden können. Die<br />

KPMD-S erlaubt keine Mehrfachnennungen. Wenn in einem Fall beispielsweise nicht<br />

zwischen Fremdenfeindlichkeit oder Antisemitismus unterschieden werden kann, weil<br />

möglicherweise beide Hintergründe in Frage kommen, erfolgt die Einordnung nach<br />

einer vermuteten Motivation (Vgl. BT-Drs. 16/14122, BT-Drs. 17/7161).

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