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Edition Rechtsextremismus

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Ein systematisierender Überblick über Entwicklungslinien …<br />

51<br />

eine dritte, die sie „Idealistisch-autoritäre Staatsauffassung“ nennen (Klemm et<br />

al., 2006, S. 118). Zu dieser dritten Dimension gehören aus Sicht der Autoren die<br />

Zustimmung zu Zentralismus und dem Führerprinzip, eine völkische Auffassung<br />

von Nation und eine positive Einstellung zum „Dritten Reich“.<br />

Marek Fuchs (2003) sieht dagegen eine Konzeption von <strong>Rechtsextremismus</strong>,<br />

die neben der Einstellungsdimension (zur Ideologie der Ungleichwertigkeit) auch<br />

die Gewaltafnität einschließt, für nicht geeignet an, um das <strong>Rechtsextremismus</strong>potential<br />

Jugendlicher zu untersuchen. Decker, Brähler und Geißler (2006), Decker<br />

und Brähler (2008) und Decker et al. (2010, 2012) halten den <strong>Rechtsextremismus</strong>-Begriff<br />

zwar auch für problematisch, arbeiten aber dennoch mit ihm und<br />

unterscheiden zwischen rechtsextremen Einstellungen und tatsächlich gezeigtem<br />

Verhalten (Decker et al., 2010, S. 17). In ihren Studien erfassen sie aber nur rechtsextreme<br />

Einstellungen.<br />

Ähnlich verfahren auch Best und Salheiser im „Thüringen-Monitor“ (2012; vgl.<br />

auch Best, Dwars, Salheiser & Salomo, 2013), indem sie <strong>Rechtsextremismus</strong> als<br />

Einstellungsmuster denieren, das „durch die Überzeugung einer unterschiedlichen<br />

Wertigkeit von Menschen in Abhängigkeit von askriptiven Merkmalen, wie<br />

Nationalität, Hautfarbe oder ethnischer Herkunft, sowie einem auf diesen Ungleichwertigkeitsvorstellungen<br />

aufbauenden Gesellschaftsbild“ (Best & Salheiser,<br />

2012, S.79) gekennzeichnet ist. Die empirischen Befunde von Best und Salheiser<br />

weisen auch auf einen schwachen Zusammenhang zwischen politischer Selbsteinstufung<br />

auf einer Links-Rechts-Skala und der empirisch erhobenen <strong>Rechtsextremismus</strong>afnität<br />

in der Thüringer Bevölkerung hin. Die Gruppe der rechtsextremen<br />

Einstellungsträger/-innen setzte sich 2012 zu ähnlichen Anteilen aus<br />

sich selbst politisch rechts, mittig und links einordnenden Thüringern zusammen<br />

(vgl. auch den Beitrag von Best in diesem Band). Dies belege die theoretische und<br />

empirische Unzulänglichkeit des <strong>Rechtsextremismus</strong>-Begriffes und habe Folgen<br />

für die Präventionsarbeit (vgl. auch Quent, 2013, S. 8). Diese Befunde scheinen<br />

also darauf hinzudeuten, dass zwischen den wissenschaftlichen Begriffen zum<br />

<strong>Rechtsextremismus</strong> und den verschiedenen Operationalisierungsversuchen einerseits<br />

und der politischen Praxis andererseits, in der <strong>Rechtsextremismus</strong> auftritt<br />

und sich entfalten kann, gravierende Differenzen bestehen bzw. bestehen können.<br />

Darauf machen auch Klärner und Kohlstruck (2006, S. 14) aufmerksam, wenn sie<br />

vorschlagen, <strong>Rechtsextremismus</strong> auf zwei Ebenen zu beobachten, nämlich als diskursive<br />

Konstruktion und als soziale bzw. politische Praxis.<br />

Wenn nun aber der Begriff „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ nach wie vor „umstritten und<br />

unklar“ (z. B. Stöss, 2010; Strobl, Lobermeier & Heitmeyer, 2012; u. v. a.) und unscharf<br />

ist, so ist zu fragen, ob ein unscharfer Begriff den Strukturkern liefern kann,<br />

um das dazugehörige Forschungsfeld bestimmen zu können. Sicher nicht; es kann

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