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Edition Rechtsextremismus

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„Lügenpresse“?<br />

329<br />

dass er die verletzten Inder im Krankenhaus besucht habe – und dabei beklagt,<br />

dass die Medien dies nicht berichten würden. 23<br />

Doch er bringt auch Kritik gegen die Berichterstattung in die Debatte ein, die<br />

stichhaltig ist und von verschiedenen Akteursgruppen (der Radikalen Rechten und<br />

vorerst auch der Sächsischen Staatsregierung) aufgegriffen wird. Er unterstreicht<br />

seine inzwischen erlangte Einschätzung, die Berichterstattung sei insgesamt verlogen,<br />

mit einem Beispiel: es werde von einer „Hetzjagd“ durch die Stadt gesprochen,<br />

obwohl die Strecke der Verfolgung nur etwa 30-50 Meter betrug. So sagt<br />

er: „Mir schwillt der Kamm, wenn ich lese, die Inder seien durch die ganze Stadt<br />

gehetzt worden. Dabei sind es von dem Festzelt bis zu der Pizzeria nur 30 Meter.“<br />

24<br />

Die Teilkritik wird in der Debatte von nun an immer wieder artikuliert und dient<br />

als Beleg für die mangelnde Glaubwürdigkeit der Medien ( pars pro toto). Der<br />

Bürgermeister zählt eine Reihe weiterer Gründe für die angebliche Fehldeutung<br />

der Medien auf, u. a. Stursinn und Arroganz der Journalisten. Doch der schwerwiegendste<br />

Grund ist ein Vorwurf und betrifft die eigenen Be ndlichkeiten: so wird<br />

behauptet, „die (überregionalen) Medien“ würden Vorurteile gegen den Osten hegen<br />

und nur daher <strong>Rechtsextremismus</strong> und Fremdenfeindlichkeit thematisieren.<br />

Die Position des Bürgermeisters verändert sich im Verlauf der Debatte deutlich:<br />

von einer vornehmlich regressiven, auch hilos-autoritären Reaktion („es gibt keine<br />

Rechtsextremisten in Mügeln“, „wir sind anständig“) bewegt er sich hin zu einer<br />

zunehmend rechtsradikalen Argumentation. Dies zeigt sich zum einen in der Ausweitung<br />

der scheinbaren Opfergruppe: nicht nur „die Mügelner“, sondern schnell<br />

„die Ostdeutschen“ insgesamt und später dann „die (wahren/nationalen) Deutschen“<br />

und „Deutschland“, werden zu Opfern der Berichterstattung erklärt. Auch<br />

verschwörungstheoretische Annahmen werden formuliert: so wird unterstellt, „die<br />

Medien“ beteiligten sich an einem verschwörerischen Anti-Rechts-Kampf, der tatsächliche<br />

Aufklärung verhindere. Besonders weit reichen die Äußerungen des<br />

Bürgermeisters im Gespräch mit der rechtsradikalen Jungen Freiheit: er beklagt<br />

eine „tiefe Kluft zwischen Medien und Volk“ und stimmt zu, dass es einen Mangel<br />

an Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland gibt. 25<br />

23 Er wird mit der entsprechenden Klage u. a. in der Welt vom 23.08.2007 zitiert: „Warum<br />

sich der Bürgermeister in Mügeln nach den Übergriffen auf Ausländer falsch verstanden<br />

fühlt. Hassbriefe aus aller Welt.“ Von Uta Keseling.<br />

24 Focus-Online vom 22.08.2007: „Bürgermeister: ‚So was machen Mügelner nicht’“.<br />

Von Iris Mayer.<br />

25 Junge Freiheit, 36/07, vom 31. August 2007: „‚Ein neues Sebnitz’. Nach der Gewalt<br />

in Mügeln steht der Ort am Pranger. Bürgermeister Gotthard Deuse kämpft für seine<br />

Stadt.“ Interview mit Mügelns Bürgermeister Deuse von Moritz Schwarz.

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