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Edition Rechtsextremismus

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244 Dirk Laabs<br />

gischen Interessen des BfV deutlich. Denn beim Bundesamt bekam man mit, dass<br />

das LfV Brandenburg unsauber gearbeitet hatte – Piatto telefonierte mit einem<br />

Handy, das auf das Innenministerium in Potsdam zugelassen war. Mit diesem<br />

Handy geriet er in die Telefonüberwachung des LKA Thüringens, das auf der Suche<br />

nach den Drillingen war – just zu dem Zeitpunkt, als sich Jan Werner um Waffen<br />

für die Drei – offenbar mit der Hilfe von Piatto – bemühte. Das BfV warnte<br />

aber das LfV Brandenburg, dass das Handy von Piatto bald aufiegen könnte und<br />

Piatto damit – von der Polizei – enttarnt wäre. Das Handy wurde abgeschaltet, die<br />

Arbeit des LKA Thüringen damit sabotiert. Es war dem BfV also wichtiger, die<br />

Quelle Piatto zu schützen, als zuzulassen, dass die Polizei das Umfeld des Trios<br />

aufklärt und ihm näherkommt. Die Einstellung des BfV gegenüber den Drillingen<br />

war ein dynamischer Prozess – mal nahm man die drei untergetauchten ernster,<br />

mal waren andere Zielobjekte wichtiger. Unumstößlich war in jedem Fall die Regel<br />

seitens des BfV, keine wichtige Quelle in der Szene durch eine Operation – und<br />

sei es die Suche nach „Bombenbastlern“ – zu gefährden.<br />

Zudem muss an dieser Stelle betont werden, dass das LKA Thüringen – in diesem<br />

Fall die zuständigen Zielfahnder – keineswegs heißen Spuren konsequent gefolgt<br />

wären. Man sei überlastet gewesen, erklärten die Zielfahnder später, habe<br />

deswegen etwa die Telefonüberwachung nicht gründlich genug auswerten können.<br />

Inzwischen lässt sich durch die erhaltenen Protokolle feststellen, dass Werner<br />

einen engen Dialog mit Piatto führte. Im Spätsommer planten die beiden ein Treffen<br />

in Brandenburg, nachdem sie sich zuvor über Waffen ausgetauscht hatten. Die<br />

Protokolle, die Werners Telefonüberwachung in den Tagen vor, während und nach<br />

diesem Treffen abbilden, sind jedoch verschwunden.<br />

Piatto ist ein Beispiel dafür, dass V-Männer nicht per se lügen oder als Instrument<br />

der Aufklärung nicht funktionieren können. Wegen Informanten wie ihm<br />

wollen Verfassungsschutzbehörden auf das Mittel V-Mann nicht verzichten. Piatto<br />

berichtete – unter großem Risiko – präzise über die Pläne des Trios und seiner<br />

Unterstützer zu der Zeit. Er operierte direkt im Umfeld der wichtigsten Unterstützer,<br />

durch ihn waren die Verfassungsschutzbehörden so über die Pläne der<br />

Drillinge informiert. Doch die Verfassungsschützer machten nichts aus den Informationen,<br />

reichten sie nicht an die Polizei weiter – darüber hinaus verbrannten sie<br />

Piatto in der entscheidenden Phase. Er verriet den Zeitpunkt einer Lieferung von<br />

Nazirock-CDs an die „Blood and Honour“-Sektion Sachsen. Die Lieferung wurde<br />

von der Polizei gestoppt, die Akteure in Chemnitz und das Umfeld der Drillinge<br />

wussten damit, dass Piatto ein Verräter ist. Er berichtete nie wieder über die drei<br />

üchtigen Thüringer.<br />

Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe lebten zweieinhalb Jahre in Chemnitz. In<br />

dieser Zeit berichteten immer wieder V-Leute über sie, ihr Umfeld wurde obser-

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