05.01.2016 Views

Edition Rechtsextremismus

75dwIuZct

75dwIuZct

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

328 Britta Schellenberg<br />

3.2 Der Bürgermeister und Stadtrat der Kleinstadt Mügeln<br />

Auch der Bürgermeister (Deuse, FDP) und der Stadtrat Mügelns wollen nicht über<br />

„<strong>Rechtsextremismus</strong>“ und „Fremdenfeindlichkeit“ reden. Dem Thema „Fremdenfeindlichkeit“<br />

wird ausgewichen, das Thema „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ ablehnend -<br />

xiert. Die lokale Politik thematisiert zunächst „allgemeine Gewalttätigkeit“ und<br />

beügelt später Debatten über die mögliche (Mit)Schuld der Opfer an den Ausschreitungen.<br />

Erst spät, nach einschlägigen Gerichtsurteilen wird die Einstufung<br />

„fremdenfeindlicher Tathintergrund“ akzeptiert.<br />

Bezüglich des <strong>Rechtsextremismus</strong> wird juristisch versiert (wenngleich tatsachenfern)<br />

begründet, warum es sich nicht um „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ handeln soll. Der<br />

Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ wird nur aufgegriffen, um jenen, die ihn thematisieren,<br />

im Gegenzug vorzuwerfen, sie hegten Vorurteile gegen „die Mügelner“<br />

und „die Ostdeutschen“. Tatsächlich schlage nicht „Ausländern“ Fremdenfeindlichkeit<br />

entgegen, sondern der (so de nierten) Eigengruppe. Der Bürgermeister<br />

glaubt, „die Medien“, aber auch (Bundes-)Politiker, würden Mügeln kollektiv als<br />

fremdenfeindlich und rechtsextrem „vorverurteilen“. Das vielfach gebrauchte<br />

Wort „vorverurteilen“ unterstreicht die Annahme, Mügeln sei dann als Kollektiv<br />

zu verurteilen, wenn es sich um einen fremdenfeindlichen oder rechtsextremen<br />

Vorfall gehandelt habe. Das heißt im Umkehrschluss auch: wenn „die Inder“ den<br />

Streit entfacht hätten, würde Mügeln zu Unrecht als rechtsextremes Städtchen dargestellt.<br />

Tatsächlich wirbt der Bürgermeister bald für die Auffassung, „die Inder“<br />

seien mindestens mitschuld an den Ausschreitungen.<br />

Bürgermeister und Stadtrat verfügen über kein demokratisches Reaktionsrepertoire<br />

– heterogene Stimmen aus der Gemeinde (die es durchaus gab) werden<br />

nicht gesammelt, eine kontroverse Debatte wird nicht zugelassen – stattdessen versucht<br />

der Bürgermeister, alleine die Deutungsmacht über den Vorfall zu erlangen<br />

(kein <strong>Rechtsextremismus</strong>, keine Fremdenfeindlichkeit). Das gelingt ihm sogar in<br />

seiner Kleinstadt, überzeugt Journalisten, Bundespolitiker und die Fraktionen im<br />

Sächsischen Landtag jenseits der CDU allerdings nicht. Der Bürgermeister beklagt<br />

zunehmend, die mediale Berichterstattung sei unfair gegen seine Person und<br />

die Stadt Mügeln – obwohl er medial sehr präsent ist. Aber er möchte als alleiniger<br />

Deuter der „Wahrheit“ präsentiert werden und kann Heterogenität und Pluralismus<br />

nicht akzeptieren (vgl. Schellenberg, 2015). Auch die Uneinheitlichkeit und Vielfalt<br />

der Medien unterschätzt er, wenn er beispielsweise in der Presse bekundet,

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!