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Edition Rechtsextremismus

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310 Britta Schellenberg<br />

Herausforderungen für eine demokratische Auseinandersetzung und die Strategieentwicklung<br />

im Bereich „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ und „Rassismus“ markieren.<br />

1 Der konkrete Fall 2<br />

In der sächsischen Kleinstadt Mügeln gab es im August 2007 pogromähnliche<br />

Ausschreitungen gegen als „fremd“ de nierte Menschen indischer Herkunft.<br />

Während des jährlich statt ndenden Altstadtfestes in der sächsischen Kleinstadt<br />

Mügeln wurde eine Gruppe, zu der sieben indische Migranten und zwei Deutsche<br />

gehörten, physisch attackiert. Ein Großteil konnte sich in eine nahe gelegene Pizzeria<br />

üchten, die dann von etwa 40 bis 50 gewaltbereiten Neonazis angegriffen<br />

wurde. Eine Menge von bis zu 200 Stadtbewohnern sammelte sich schaulustig vor<br />

der Pizzeria. Zwei Polizisten schützten die inzwischen in der Pizzeria verbarrikadierten<br />

Inder vor der gewaltbereiten Menge bis Unterstützung von der Bereitschaftspolizei<br />

eintraf. Sie wurde auch angegriffen und konnte erst Stunden später<br />

die öffentliche Ordnung wiederherstellen.<br />

Im Nachgang des Übergriffs entfaltete sich ein öffentlicher Kon ikt über die<br />

Tatmotive ebenso wie über den Verlauf des Geschehens. Der polizeiliche Staatsschutz<br />

und die Staatsanwaltschaft stritten – trotz gegenteiliger Aktenlage 3 – einen<br />

„rechtsextremen“ Hintergrund ab und stellten „Fremdenfeindlichkeit“ als Motiv<br />

infrage. Die lokale Politik und zunächst auch die Staatsregierung (CDU) teilten<br />

diese Interpretation. In der Folge wurde der Fall von den staatlich Zuständigen<br />

nicht zielführend bearbeitet, es kam in der polizeilichen Ermittlungsarbeit fast zu<br />

einer Täter-Opfer-Umkehr. Andere Akteure, einige Bürger, zivilgesellschaftliche<br />

Organisationen der Region und viele Medien, aber auch Bundes- und Regionalpolitiker,<br />

thematisierten hingegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und <strong>Rechtsextremismus</strong>.<br />

So entfaltete sich eine kontroverse öffentliche Debatte über die<br />

Bedeutung des „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ und der „Fremdenfeindlichkeit“ 4 bzw. des<br />

2 Die folgenden Ausführungen basieren auf den Ergebnissen meiner Dissertation und<br />

der Folgestudie für die Heinrich-Böll Stiftung/Weiterdenken (vgl. Schellenberg,<br />

2014a, 2014b).<br />

3 Das Tatgeschehen nach Aktenlage habe ich übersichtlich in Schellenberg (2014b) rekonstruiert.<br />

4 Tatsächlich wurde vor allem die Bedeutung des „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ und der „Fremdenfeindlichkeit“<br />

diskutiert, allerdings wird von zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />

und einigen Medien der Begriff „Rassismus“ ebenfalls verwendet. Daher wird im<br />

Folgenden immer wieder der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ benutzt. Heute wird der<br />

passendere Begriff „Rassismus“ deutlich häufiger gebraucht.

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