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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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Coping <strong>und</strong> Abwehr<br />

vier auf einander aufbauende Reifungsebenen, unter die er insgesamt 18 Abwehrmechanismen<br />

subsumierte; dies sind: (1.) die psychotische Ebene (z. B. psychotische Leugnung); (2.) die unreife<br />

Ebene (z. B. Projektion, Ausagieren); (3.) die neurotische Ebene (z. B. Intellektualisierung,<br />

Verdrängung von Affekt-Ursachen) <strong>und</strong> (4.) die reife Ebene (z. B. Humor, Sublimierung, Unterdrückung/<br />

Suppression). Obwohl der Autor wie auch LAZARUS <strong>und</strong> FOLKMAN (1984) auf eine<br />

a priori Beurteilung der Adaptivität von Abwehrmechanismen verzichtet <strong>und</strong> ihre potenzielle<br />

Funktionalität v. a. im Hinblick auf intrapsychische Konflikte diskutiert, soll dennoch ihr Reifegrad<br />

positiv mit Lebenserfolg assoziiert sein. Obwohl VAILLANT (1998) von unbewussten<br />

Abwehrmechanismen ausgeht, argumentiert ALDWIN (2007), dass seine Annahme einer gänzlich<br />

unbewussten »Reifung« der Abwehr nur schwer mit seiner Betonung der Bedeutung sozialer<br />

Lernprozesse zu vereinbaren ist.<br />

Das Circumplex-Modell der Abwehr von PLUTCHIK (z. B. 1995) stellt eine Erweiterung<br />

seiner psychoevolutionären Emotionstheorie dar: Aus acht kreisförmig angeordneten Basisemotionen<br />

werden acht unbewusst wirkende Abwehrmechanismen abgeleitet, die ebenfalls auf einem<br />

Circumplex skaliert wurden (Leugnung Verdrängung Regression Kompensation<br />

Projektion Verschiebung Intellektualisierung Reaktionsbildung). Mit jedem<br />

Abwehrmechanismus korrespondiert ein bewusster, flexibler einsetzbarer Coping-Stil, dessen<br />

Anwendung allerdings nicht mit der der Abwehrform korrelieren muss. So entspricht der Leugnung<br />

als Abwehr die Minimierung (»… assuming that the problem is not as important as other<br />

people think it is« [S. 31]), der Verdrängung die Vermeidung (»An attempt to solve a problem by<br />

avoiding the person or situation believed to have created the problem, or by ›thought stopping‹<br />

or turning attention away from the problem« [S. 31]). Jedem Abwehrmechanismus werden<br />

typische Auslöser, Bewertungen, relevante Motive <strong>und</strong> Methoden zugeordnet (s. PLUTCHIK, 1995,<br />

Tab. 1-2 <strong>und</strong> 1-3, S. 25, 28) – so wird Leugnung v. a. mit sozialen Motiven in Zusammenhang<br />

gebracht <strong>und</strong> durch positivierende Umbewertung ausgeübt. Ferner wird postuliert, dass mit der<br />

Konfiguration aus prävalierenden Basisemotionen <strong>und</strong> Abwehrmechanismen bestimmte Persönlichkeitsstile<br />

bzw. -Störungen assoziiert sind. PLUTCHIK <strong>und</strong> Mitarbeiter entwickelten den Life<br />

Style Index, einen Fragebogen zur Erfassung der postulierten Abwehrstile, <strong>und</strong> fanden, dass<br />

Personen mit Schizophrenie auf allen Abwehr-Skalen signifikant höhere Werte erzielten<br />

(zusammengefasst in CONTE & PLUTCHIK, 1995; s. auch OFFER, LAVIE, GOTHELF & APTER, 2000).<br />

The Unified Theory of Repression (TUTOR). Mit seiner »Vereinheitlichten Theorie der<br />

Verdrängung« unternimmt ERDELYI (2006) den ambitionierten Versuch, die freudianische Verdrängungskonzeption<br />

mit Hilfe kognitionspsychologischer Überlegungen <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e zu rehabilitieren.<br />

Ausgehend von einer Definition von Verdrängung als bewusst initiiertem »consciousness-lowering<br />

process« (S. 502) <strong>und</strong> von BARTLETTs Postulat eines rekonstruktiv arbeitenden<br />

Gedächtnisses unterscheidet der Autor zwei Gruppen normalpsychologischer kognitiver Mechanismen,<br />

die der Abwehr dienen können: Bei inhibitorischen (subtraktiven) Prozessen werden<br />

bedrohliche Objektive oder kritische Aspekte des bedeutungsstiftenden semantischen Kontexts<br />

absichtlich kognitiv vermieden <strong>und</strong> schließlich schwerer zugänglich. Bei elaborativen (additiven)<br />

Prozessen werden hingegen Kontextelemente derart gewichtet <strong>und</strong> Gedächtnisinhalte auf eine<br />

Weise rekonstruiert, dass ebenfalls ein »defensive failure of insight« (S. 504) resultiert: »All<br />

these distortions can be exacerbated by the subject himself who, in the process of thinking about<br />

and retrieving information, may inhibit memories or amplify errors of previous constructions<br />

in a process akin to succumbing to one’s own propaganda and the creation of myth« (S. 511).<br />

Die sieben Formen der Leugnung. BREZNITZ (1988) differenzierte den Abwehrmechanismus<br />

der Leugnung bedrohlicher Information (denial) weiter aus, indem er darauf hinwies, dass unterschiedliche<br />

Aspekte von Bedrohungen geleugnet bzw. verzerrt werden können. Der Autor<br />

nimmt an, dass das Fehlen instrumenteller Bewältigungsoptionen <strong>und</strong> eine hinreichende Intensität<br />

<strong>und</strong> Dauer der Exposition eine feste Sequenz von Leugnungsstrategien aktiviert, die auf

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