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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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Diskussion<br />

Arbeitsgedächtnis (z. B. Operation-span-Aufgabe: BARCH, BERMAN et al., 2009) <strong>und</strong> zum<br />

Wechsel zwischen Regel-Repräsentationen (z. B. Switching-Stroop) in Beziehung zur<br />

<strong>Krankheitseinsicht</strong> zu setzen. Problematisiert werden muss allerdings die oftmals ungesicherte<br />

Zuverlässigkeit computerbasierter Labormaßen kognitiver Einzelfähigkeiten.<br />

Zugleich sollten die verschiedenen Dimensionen von Einsicht im Hinblick auf eine<br />

differentielle neurokognitive Verursachung von Defiziten untersucht werden. Anregungen<br />

zur diesbezüglichen Ordnung von Einsichtsvariablen lassen sich dabei der Übersicht über<br />

Faktorenanalysen in Abschnitt 6.5.5 entnehmen. Eine Vorhersage, die künftig eingehender<br />

zu prüfen wäre, lautet, dass neurokognitive Leistungsmerkmale bei jenen Einsichtsdimensionen<br />

eine besondere Rolle spielen, bei denen es primär auf die Fähigkeit zur distanzierenden<br />

Reflexion von ungewöhnlichen Erlebnissen <strong>und</strong> Verhaltensweisen ankommt<br />

(Symptombewusstheit, Bewusstheit psychischer Probleme <strong>und</strong> ihrer sozialen Konsequenzen).<br />

Ihre Bedeutung sollte abnehmen, je stärker der Akzent auf einer Übernahme des<br />

psychiatrischen Expertenmodells liegt (z. B. Kenntnis der Diagnose).<br />

In Studie 3 konnten, passend zu dieser Vorhersage, Korrelationen von Symptombewusstheit<br />

<strong>und</strong> WCSTdyn gef<strong>und</strong>en werden, hier sind die symptomatischen Substichproben<br />

jedoch zu klein (n ≤ 47) für weitreichende Schlussfolgerungen.<br />

Erste Schritte in diese Richtung haben kürzlich LYSAKER et al. (2006), JOVANOVSKI et al.<br />

(2007) <strong>und</strong> RAFFARD et al. (2009) getan, die die SUMD <strong>und</strong> unterschiedliche neuropsychologische<br />

Testbatterien eingesetzt haben. Hier wäre noch wünschenswert, Symptombewusstheit<br />

mit zu erfassen <strong>und</strong> sich – zumindest vorübergehend – an einer gemeinsamen<br />

neurokognitiven Funktions-Taxonomie <strong>und</strong> Testbatterie zu orientieren, wie sie z. B. die<br />

CNTRICS bereitstellt.<br />

Ein letzter erklärungsbedürftiger Bef<strong>und</strong> aus diesem Bereich betrifft die Nullkorrelation<br />

der OSSTI mit dem WCSTdyn. Hier ist neben der geringeren Teststärke in der Teilstichprobe<br />

zweierlei zu bedenken: Erstens könnte die OSSTI, wie bereits diskutiert, nicht<br />

ausreichend valide für die Messung von <strong>Krankheitseinsicht</strong> im engeren Sinne sein, sondern<br />

ein zu starkes Gewicht auf Behandlungseinstellungen legen, für die ein Zusammenhang mit<br />

kognitiven Funktionen nicht konsistent belegt ist. Und zweitens könnte kein Zusammenhang<br />

von Einsicht <strong>und</strong> Neurokognition, sondern eine Urteilsverzerrung auf Seiten des<br />

Interviewers bestehen: Möglicherweise strahlt ein höheres kognitives Funktionsniveau<br />

(z. B. über die Differenziertheit der expressiven Sprache) auf die Einsichtsfremdbeurteilung<br />

ab. Dies würde auch die beobachtete Korrelation von Abstraktionsdefiziten (PANSS) mit<br />

G12 erklären, die sich ebenfalls für die OSSTI nicht eingestellt hat.<br />

Gegen diese Deutung spricht die Existenz vergleichsweise harter Beurteilungskriterien<br />

für die Stufen des PANSS-Items G12 (anders z. B. als beim AMDP-System). Auch wurde ein<br />

Zusammenhang von Selbstbeurteilungsmaßen <strong>und</strong> Perseveration von DRAKE <strong>und</strong> LEWIS<br />

(2003) berichtet. Beides schließt natürlich eine Urteilsverzerrung in Studie 3 nicht aus. Die<br />

einzige echte Lösung besteht in der vollständigen Trennung von kognitiver Testung <strong>und</strong><br />

psychopathologischer Bef<strong>und</strong>erhebung durch zwei unabhängige <strong>und</strong> hypothesenblinde<br />

Forscher, möglichst in Verbindung mit einer methodisch rigorosen inhaltsanalytischen<br />

Auswertungsprozedur zur Steigerung der Objektivität (mehrere unabhängige Beurteiler,<br />

Urteilskonferenzen).

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