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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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Wisconsin Card Sorting Test<br />

angesehen werden. Dennoch muss auf zwei gravierende Probleme der Normierung des<br />

Tests hingewiesen werden, die deren Aktualität <strong>und</strong> Repräsentativität bzw. Fairness<br />

betreffen <strong>und</strong> die in Testrezensionen (z. B. GREVE, 2001) nicht erwähnt werden:<br />

Erstens wurden die Abweichungsnormen des WCST-64 (s. KONGS et al., 2002, S. 21) für<br />

Erwachsene (N = 445) aus den Daten derselben Stichproben erstellt, die bereits die<br />

Normwerte für die neuere Langform des WCST von HEATON et al. (1993) lieferten. Diese<br />

wiederum stammen zu einem Drittel (N = 150) aus der nicht-klinischen Originalstichprobe<br />

des WCST von HEATON (1981) – was nichts anderes bedeutet, als dass ein großer Teil der<br />

Normierungsdaten 20 bis 30 Jahre alt sind. Dies ist u. a. deshalb problematisch, weil der<br />

WCST mit allgemeinen Intelligenztests korreliert ist (HEINRICHS, 1990) <strong>und</strong> für letztere<br />

durch die Arbeiten von FLYNN (1984; 1987; FLYNN & WEISS, 2007) eine durchschnittliche<br />

Zunahme von ca. 0,3 IQ-Punkten pro Jahr belegt wurde, mit einer stärkeren Verbesserung<br />

in Subtests des abstrakten Problemlösens, bei denen Wissen <strong>und</strong> verbale Fertigkeiten eine<br />

geringere Rolle spielen.<br />

Zweitens lässt sich dem Manual des WCST-64 entnehmen, dass die US-amerikanische<br />

Erwachsenen-Normstichprobe zu 11 % aus Studenten (N = 48) <strong>und</strong> zu 28 % aus Berufspiloten<br />

(commercial airline pilots, N = 124) besteht – fast 39 % der Stichprobe machen damit<br />

Probanden aus, die aufgr<strong>und</strong> ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit für ihren Beruf bzw. für<br />

die tertiäre Bildung selegiert wurden, was sich aber durch anhand der Ausbildungsjahre<br />

korrigierte Normen nur begrenzt abbilden lässt: So ist die studentische Stichprobe<br />

durchgängig erst 18 Jahre alt. Es lässt sich anhand von Tabelle 2 aus KONGS et al. (2000, S.<br />

23) zeigen, dass sie 77 % der Substichprobe ihrer Altersklasse (< 20 Jahre) ausmacht.<br />

Gleichzeitig weist sie altersentsprechend nur 12 bis 13 Ausbildungsjahre auf (d. h. Highschool,<br />

evt. ein Jahr Undergraduate-Studium). Alter <strong>und</strong> Ausbildungsdauer dieser Gruppe<br />

sind also mit den Werten von jungen Patienten mit einer ersten schizophrenen Episode<br />

durchaus vergleichbar: So lag das Durchschnittsalter von 200 Patienten mit Erstmanifestation<br />

im Calgary Early Psychosis Program (COLDHAM, ADDINGTON & ADDINGTON,<br />

2002) bei 23,6 (±7,7) Jahren mit einer mittleren Ausbildungsdauer von 12 Jahren. Ob diese<br />

studentische Stichprobe angemesse Normwerte für junge Patienten liefert, darf bezweifelt<br />

werden.<br />

Für die Gruppe der Berufspiloten (Altersspanne: 24-65 Jahre; Ausbildung: 14-20 Jahre)<br />

lässt sich anhand der verfügbaren Information nur schwer einschätzen, ob <strong>und</strong> ggf. wo sie<br />

bei der Normierung ins Gewicht fällt, da ihre Anteile an den einzelnen Altersklassen<br />

(KONGS et al., 2000, Tabelle 2, S. 23) <strong>und</strong> ihre WCST-Leistung nicht beschrieben werden<br />

(d. h. ein relatives hohes Leistungsniveau wird hier nur vermutet). Sie stellt mit N = 124<br />

allerdings angesichts ihrer Altersspanne sehr wahrscheinlich über 40 % der 285 Personen<br />

zwischen 20 <strong>und</strong> 64 Jahren.<br />

Sollte die Annahme eines vergleichsweise hohen Performanzniveaus von Piloten <strong>und</strong><br />

Studenten zutreffen, ist eine Relativierung der WCST-64-Rohwerte von Probanden mit<br />

Schizophrenie an den Normen von KONGS et al. (2000) nicht unproblematisch. Auch lassen<br />

sich die gelieferten Verteilungskennwerte dann nicht zur Berechnung eines Trennwertes<br />

zur Unterscheidung von funktionaler <strong>und</strong> dysfunktionaler Population heranziehen (nach<br />

JACOBSON, FOLLETTE & REVENSTORF, 1984).

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