Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

12. Zusammenschau, Diskussion und Ausblick
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Diskussion
Die vorliegende Arbeit hat erstmals zwei distinkte Forschungstraditionen zusammengeführt,
die sich – jede auf ihre Weise – mit der Lern- und Reflexionsfähigkeit von Menschen
mit Schizophrenie-Diagnosen auseinandersetzen: Dies sind die Dynamische Testdiagnostik
(DTD: GUTHKE & WIEDL, 1996), bei der Testprozeduren mit didaktischen Interventionen
zur Klärung bedeutsamer Fragen zu Neurokognition, Lern- und Rehabilitationspotenzial
eingesetzt werden (s. Kapitel 3); und die Erforschung der Krankheitseinsicht
(s. Kapitel 6).
Das Bindeglied dieser Forschungsfelder bildet der in der klinisch-neuropsychologischen
Diagnostik außerordentlich populäre Wisconsin Card Sorting Test, der das Testverfahren
ist, das am häufigsten und erfolgreichsten zur Untersuchung der kognitiven Grundlagen
der Krankheitseinsicht bei Schizophrenie eingesetzt wurde (vgl. ALEMAN et al., 2006) und
dessen dynamische Version (WCSTdyn: WIEDL, 1999) ebenfalls Eingang in die Schizophrenieforschung
gefunden hat (z. B. REMPFER et al., 2006; SERGI et al., 2005). Die Gründe
der vom »Wisconsin« ausgehenden Faszination beschreiben BUCHSBAUM et al. (2005):
Taken as a whole, the WCST captures something profound about human cognition: the
ability to apply a rule derived from the observation of a series of events, and then,
critically, as the environment changes or new evidence surfaces, to discard (and replace)
that rule … What the WCST highlights is both the frailty and the extraordinary
flexibility of inductive reasoning, that the rules derived from data are only temporary,
provisional things, and that, as the philosopher David Hume famously observed,
although the sun has always risen before, it may yet not rise tomorrow. In this sense,
then, the WCST mirrors the scientific enterprise itself … (S. 42-43)
Die Arbeit besteht aus drei Studien: Die ersten beiden beschäftigten sich ausschließlich mit
Veränderungsmessung beim dynamischen WCST und der Klärung ihrer Voraussetzungen,
Studie 3 thematisiert schließlich Krankheitseinsicht und ihren Zusammenhang mit dem
WCSTdyn. Bevor die Ergebnisse dieser Studien einzeln und in der Zusammenschau
diskutiert werden, werden sie im Folgenden noch einmal kurz wiederholt. Am Ende jeder
Zusammenfassung folgt eine Übersicht über die Hypothesen.
12.1 Rekapitulation der Ergebnisse
12.1.1 Ergebnisse Studie 1: Reliabilität des WCST-64
Studie 1 diente der Abschätzung der Stabilität der 64-Karten-Version des Wisconsin Card
Sorting Test (WCST-64), die eine Voraussetzung der vorgenommenen Reliable Change
Index (RCI)-Analysen der Performanz von Patienten mit Schizophrenie-Diagnosen im
dynamischen WCST darstellt. Zudem wurden die für die Berechnung von Trennwerten
notwendigen Parameter bestimmt. Diese Vorstudie wurde nötig, da ein eigenes qualitatives
Review (s. Abschnitt 3.7) ein uneinheitliches Bild der Reliabilität des Tests gezeichnet hatte
und der von KONGS et al. (2000) an einer kleinen Stichprobe bestimmte Generalisierbarkeitskoeffizient
unrealistisch hoch ausfällt. Zudem erscheint die Stichprobe, die der in die
Jahre gekommenen US-Norm zugrunde liegt (HEATON, 1981; HEATON et al., 1993), recht
leistungsstark (39 % Berufspiloten und Studenten).