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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

57 % zu, dass die meisten Patienten den Begriff Schizophrenie nicht verstünden (cannot<br />

<strong>und</strong>erstand the term) <strong>und</strong> 43 % fühlten sich bei der Eröffnung unbehaglich (makes me feel<br />

uncomfortable).<br />

FERRERI et al. (2000) befragten zu diesem Thema die Psychiater von 336 französischen<br />

Schizophrenie-Patienten. Nur 39 % der Patienten wurde eine Schizophrenie-Diagnose<br />

mitgeteilt, als Hauptgründe wurden »absence d’interrogation« (42 %), »risque de<br />

perturber le patient« (40 %) <strong>und</strong> »cela n’apporterait rien« (32 %) genannt (etwa: »Hat<br />

nicht gefragt« - »Verstört den Patienten« - »Bringt nichts«). 65 % hatten eine alternative<br />

Bezeichnung verwendet. Nur in 41 % der Fälle wurden die Angehörigen über die Diagnose<br />

informiert. Die meisten Patienten (96 %) hatten dagegen die Notwendigkeit einer medikamentösen<br />

Behandlung erklärt bekommen.<br />

Fazit<br />

Nach kognitiven <strong>und</strong> motivationalen Hypothesen konstituieren Annahmen<br />

über die Rolle von krankheitsbezogener Information, die dem Individuum aus<br />

einem soziokulturellen Kontext zufließt, <strong>und</strong> entsprechender Lernprozesse die<br />

dritte Gruppe von Erklärungen mangelnder Einsicht bei Schizophrenie. Hier<br />

wurden drei Annahmen unterschieden: (1.) Die kulturelle Distanz-Hypothese<br />

betont die Diskrepanz von Informationen, die Individuen aus verschiedenen<br />

Kulturen bei der Konstruktion explanativer Modelle zugr<strong>und</strong>e legen. Ihr zufolge<br />

sollten speziell die Krankheitsrepräsentationen von Menschen aus nichtwestlichen<br />

Kulturen sich vom dominierenden biopsychiatrischen Schizophrenie-Paradigma<br />

unterscheiden. Tatsächlich sprechen die empirischen Belege für<br />

einen gewissen kulturellen Einfluss auf die Konstruktion von Krankheitskonzepten.<br />

(2.) Die Normalisierungshypothese postuliert eine korrektive Funktion<br />

sozialer Netzwerke. Es liegen nur wenige Bef<strong>und</strong>e zur sozialen Normalisierung<br />

von Erkrankungsrepräsentationen vor, die überdies z. T. im Sinne aktiver<br />

sozialer Bewältigung gedeutet werden können. (3.) Die klinische Sozialisationshypothese<br />

nimmt an, dass Patienten mit der Zeit durch den Kontakt mit<br />

den Versorgungssystemen, ihrer Sprache <strong>und</strong> ihren Lernmöglichkeiten (Mitpatienten,<br />

Therapie, Psychoedukation, Pharmakotherapie) <strong>und</strong> den entsprechend<br />

gelenkten Erfahrungen mit der eigenen Erkrankung einsichtiger werden. Hierfür<br />

sprechen positive Zusammenhänge von Einsicht mit Erkrankungswissen<br />

<strong>und</strong> Erkrankungsdauer bzw. Hospitalisierungshäufigkeit. Es wurde darüber<br />

hinaus gezeigt, dass Einsicht gr<strong>und</strong>sätzlich förderbar zu sein scheint <strong>und</strong> dass<br />

Patienten oftmals unzureichend über ihren Zustand aufgeklärt werden.

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