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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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12.2.3.5 Überprüfung des Einsichtsmodells von Startup (1996)<br />

325<br />

Diskussion<br />

Zusätzlich zur Überprüfung der Korrelation von Offenheit <strong>und</strong> Einsicht auf Gruppenebene<br />

wurde das Einsichtsmodell von STARTUP (1996) überprüft, das bislang das einzige geblieben<br />

ist, das spezifische Vorhersagen über die Funktion des Zusammenhangs von Einsicht <strong>und</strong><br />

Neurokognition <strong>und</strong> über zu erwartende Patiententypen macht. Studie 3 ist damit nach<br />

LYSAKER et al. (2003) <strong>und</strong> COOKE, PETERS, GREENWOOD et al. (2007) erst die dritte Arbeit,<br />

die STARTUPs (1996) Modell <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong> überprüft. Sie ist die erste, die dabei sowohl das<br />

vorhergesagte Regressionsmodell als auch Patienten-Typen untersucht <strong>und</strong> dafür Fremd-<br />

<strong>und</strong> Selbsteinschätzungsmaße der <strong>Krankheitseinsicht</strong>, den <strong>dynamisch</strong>en WCST zur<br />

Erfassung von <strong>Exekutivfunktionen</strong> <strong>und</strong> eine Offenheitsskala (s. o.) heranzieht.<br />

Hypothese 3.5, die sich auf die Vorhersage einer quadratischen Regression von Kognition<br />

auf Einsicht bezieht, konnte nicht bestätigt werden (die Vorhersagerichtung entgegen<br />

der postulierten Verursachungsrichtung dient lediglich der Bestimmbarkeit der Funktion).<br />

Eine wesentliche statistische Ursache besteht im Fehlen eines Seltenheitsbereichs in der<br />

Verteilung von Einsicht auf die kognitiv intakten Patienten. Zwar konnte modellkonform<br />

gef<strong>und</strong>en werden, dass Patienten mit ausgeprägten kognitiven Beeinträchtigungen im<br />

WCSTdyn relativ seltener sehr hohe <strong>und</strong> sehr niedrige Ausprägungen von <strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

aufweisen. Dies reicht aber für eine überlegene Anpassung der quadratischen<br />

Funktion nicht aus. Hierfür dürfte es nur wenige mittelmäßig einsichtige Patienten geben,<br />

was eindeutig nicht der Fall ist.<br />

Es bleibt also festzuhalten, dass neurokognitive Beeinträchtigungen <strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

zwar im Mittel leicht herabzusetzen scheinen, jedoch auch innerhalb der kognitiv leistungsfähigen<br />

Patienten das gesamte Spektrum von Einsicht inkl. mittlerer Ausprägungen anzutreffen<br />

ist. Die quadratische Regressionsfunktion ist somit zur Beschreibung des Zusammenhangs<br />

von Einsicht <strong>und</strong> Neurokognition ungeeignet. Sie führt überdies bei der<br />

Untersuchung weiterer vermuteter Einflussgrößen wie Defensivität <strong>und</strong> Coping nicht<br />

weiter. In einem zweiten Schritt wurde daher die Stichprobe auf der Gr<strong>und</strong>lage von<br />

Einsicht <strong>und</strong> <strong>Exekutivfunktionen</strong> (WCSTdyn) geclustert.<br />

Auch hier müssen reifizierende Schlussfolgerungen vermieden werden: Die Clusteranalyse<br />

liefert lediglich homogene Subgruppen einsichtiger <strong>und</strong> uneinsichtiger Patienten <strong>und</strong><br />

eröffnet so die Möglichkeit hypothesengeleiteter Vergleiche hinsichtlich weiterer, nicht zur<br />

Gruppierung herangezogener Merkmale. Der geringe Zusammenhang von Einsicht <strong>und</strong><br />

Offenheit auf Gruppenebene übersetzt sich so in einen etwas größeren Unterschied<br />

zwischen HI- <strong>und</strong> DEF-Cluster. Patienten des DEF-Clusters liegen zudem etwa eine halbe<br />

Standardabweichung unterhalb der Schizophrenie-Normstichprobe des Eppendorfer<br />

Schizophrenie-Inventars (MAß, 2001).<br />

Zumindest diese Ableitung aus STARTUP (1996) trifft also für die betrachtete Stichprobe<br />

zu: Defensivität spielt vor allem auf hohem neurokognitiven Niveau eine Rolle. Ob, wie von<br />

dem Autor angenommen, ein gewisses Funktionsniveau eine notwendige Voraussetzung<br />

der Selbsttäuschung darstellt oder andere, noch unbekannte Faktoren hierbei eine Rolle<br />

spielen, bleibt unklar.<br />

Alternativ könnte das mittlere Einsichtsniveau des KOG-Clusters in Verbindung mit der<br />

großen Varianz dieses Clusters dahingehend gedeutet werden, dass es Patienten mit<br />

ausgeprägten kognitiven Defiziten nicht gelingt, ein konsistentes Modell ihres eigenen<br />

Zustands zu konstruieren. Möglicherweise bestehen bei ihnen Krankheitskognitionen zu<br />

verschiedenen Bereichen (Identität <strong>und</strong> Symptomatik, Behandlungsbedarf, Konsequenzen)<br />

unverb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> teilweise widersprüchlich nebeneinander, sind instabil <strong>und</strong> fluktuierend,

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