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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

Diesem Zweck dienen alle der Selbsttäuschung verfügbaren Mittel, das Erlebte wird in<br />

der Erinnerung verfälsch, »verdrängt«, aus dem Kontinuum der verständlichen Zusammenhänge<br />

soll es ausgeschieden werden. Zum mindesten wird versucht, vor der<br />

Umwelt den Eindruck einer Nachwirkung zu verwischen, die ungebrochene Kontinuität<br />

vorzutäuschen. Diese Täuschung anderer ist alsdann oft nur der Umweg, auf dem<br />

nach einiger Zeit sich noch die Selbsttäuschung mit katathymem Vergessen <strong>und</strong> Verfälschen<br />

einstellt. Es ist zu erwarten, daß gerade dieser Typus der Nachwirkung, der<br />

die Ausscheidung anstrebt, nach akuten seelischen Störungen häufig sein wird. Er ist<br />

für den Psychiater, der Gelegenheit hat, seine Kranken nach ihrer Genesung nachzuuntersuchen,<br />

etwas Alltägliches. (S. 185-186; Hervorhebungen im Original)<br />

Der von MAYER-GROSS (1920) für die Ausscheidung skizzierte Mechanismus einer motivierten<br />

»Reproduktionserschwerung« (d. h. bewusste Dissimulation als Vorstufe der Selbsttäuschung)<br />

entspricht genau jenem, den ERDELYI (2006) in seiner »Vereinheitlichten Theorie<br />

der Verdrängung« schildert. Es ist weiterhin beachtenswert, dass der Autor bereits die<br />

Ausscheidung aufgr<strong>und</strong> der Bedrohung des Selbst von mangelnder Offenheit (»allgemeiner<br />

Widerstand gegen die Preisgabe des persönlichen Erlebnisses«, S. 187) <strong>und</strong> von der<br />

Wirkung öffentlicher Stigmatisierung (»das gesellschaftliche Odium, das der Geisteskrankheit<br />

<strong>und</strong> besonders der Anstaltsinternierung anhaftet«, S. 187) unterscheidet.<br />

Sowohl Neues Leben als auch Ausscheidung haben die Arbeiten zum »versiegelnden«<br />

(Sealing over-) Stil der Verarbeitung einer Psychose von MCGLASHAN, LEVY <strong>und</strong> CARPENTER<br />

(1975) inspiriert.<br />

(4.) Bekehrung – Hier wird eine Umwertung <strong>und</strong> Abgewichtung der präschizophrenen<br />

Existenzwerte vorgenommen, die psychotische Erkrankungsepisode wird als Moment<br />

geistigen oder religiös-spirituellen Wandels begriffen, so dass notwendiges Vorleben,<br />

Erkrankung <strong>und</strong> Gegenwart sinnvoll verklammert werden können. Diese »Bekehrung«<br />

entspricht dem spirituell-philosophischen explanativen Modell, das JACOBSON (2001)<br />

qualitativ aus den Narrativen von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen<br />

extrahierte (s. auch SIEBERT, 2000).<br />

(5.) Einschmelzung schließlich stellt den Gegenpol zur Verzweiflung dar: Hier wird das<br />

Erlebnis Psychose nicht geleugnet oder abgewichtet, sondern »eingeschmolzen« <strong>und</strong> in das<br />

– stabile – Selbstkonzept integriert, ohne dass Identität <strong>und</strong> Existenzwerte vernichtet oder<br />

aufgegeben werden (»Amalgamierung der Wertigkeit an einem Wertekreis, der der<br />

frühere, unveränderte bleibt «, S. 200). Einschmelzung entspricht dem integrativen Stil<br />

der Erholung (integration) nach MCGLASHAN, LEVY <strong>und</strong> CARPENTER (1975).

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