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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

Fazit<br />

Ein vorsichtiges Fazit aus der Sichtung von Studien, denen sich Angaben zur<br />

Häufigkeit von Einsichtsdefiziten bei Schizophrenie entnehmen lassen, lautet,<br />

dass diese zwar einerseits häufig sind – regelmäßig verneinen um die 50 % der<br />

Betroffenen Fragen nach einer Erkrankung. Andererseits sind sich aber doch so<br />

viele Betroffene auch in akuten Zuständen ihrer psychischen Erkrankung vollständig<br />

oder partiell bewusst, dass Uneinsichtigkeit nicht als notwendiges<br />

Charakteristikum psychotischer Zustände angesehen werden kann <strong>und</strong> dass<br />

eine erklärungsbedürftige Variation des Phänomens konstatiert werden muss.<br />

6.5.7 Korrelate der Einsicht<br />

Die Forschung zur <strong>Krankheitseinsicht</strong> bei Schizophrenie hat eine Fülle korrelierender<br />

Merkmale aufgedeckt. Diese sollen im Folgenden kurz benannt werden. Eine besondere<br />

Rolle kommt dabei jenen Korrelaten zu, die als relevant betrachtet werden für die Ätiologie<br />

der Uneinsichtigkeit (z. B. kognitive Funktionsmerkmale) oder für die psychosoziale <strong>und</strong><br />

klinische Prognose der Schizophrenie (z. B. negative Emotionalität, Medikationsadhärenz<br />

<strong>und</strong> Behandlungscompliance). Diese werden in eigenen Abschnitten gesondert dargestellt.<br />

Einsicht hängt u. a. zusammen mit einer kürzeren Dauer der unbehandelten Psychose<br />

(COMPTON, WEST & OLFSON, 2006; DE HAAN, PETERS, DINGEMANS, WOUTERS & LINSZEN,<br />

2002; DRAKE, HALEY, AKHTAR & LEWIS, 2000), europäischer (vs. afrikanischer) Ethnie<br />

(JOHNSON & ORRELL, 1996; GOLDBERG et al., 2001), Linkshändigkeit (DAVID et al., 1995;<br />

FERNANDEZ, 2005), bestehender Beziehung (LANG et al., 2003), längerer Symptomfreiheit<br />

(CATON et al., 2006), subjektiver Medikationswirksamkeit (PYNE et al., 2001) <strong>und</strong> positive-<br />

ren Behandlungs- <strong>und</strong> Medikationseinstellungen (GOLDBERG et al., 2001; BARKER,<br />

SHERGILL, HIGGINSON & ORRELL, 1996), weniger Alkohol- <strong>und</strong> Substanz-Missbrauch (YEN et<br />

al., 2009; DICKERSON, BORONOW, RINGEL & PARENTE, 1997), ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />

Kontrollüberzeugungen (DONOHOE, DONNELL, OWENS & O’CALLAGHAN, 2004), dem<br />

Eindruck sozialer Inferiorität (MCLEOD, COERTZE & MOORE, 2009), geringerer Lebensqualität<br />

in verschiedenen Bereichen (KAROW et al., 2008; HASSON-OHAYON et al., 2006),<br />

höherem sozialen Allgemeinwissen (MCEVOY et al., 1996; VAZ, BÉJAR & CASADO, 2002) <strong>und</strong><br />

verschiedenen Outcome-Kriterien (ROSSI et al., 2000; SCHWARTZ, COHEN & GRUBAUGH,<br />

1997), darunter Einkommen <strong>und</strong> Arbeitsfähigkeit (CERNOVSKY et al., 2004). Obwohl einige<br />

Autoren einen Zusammenhang von Uneinsichtigkeit <strong>und</strong> gewalttätigem Verhalten berichten<br />

(z. B. BUCKLEY et al., 2004), schlossen LINCOLN et al. (2007) aus ihrer Übersicht über<br />

zehn Studien zu diesem Thema, dass die derzeitige Bef<strong>und</strong>lage diese häufig vermutete<br />

Beziehung nicht eindeutig unterstützt.<br />

Generell ist festzustellen, dass eine erhebliche Inkonsistenz der Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> damit<br />

Unklarheit über das Beziehungsgefüge von Einsicht <strong>und</strong> den sie beeinflussenden bzw. von<br />

ihr beeinflussten Variablen besteht. Dies liegt erstens an einem häufig wenig theoriegeleiteten,<br />

korrelativen Vorgehen, das den Eindruck erweckt, als seien aufgr<strong>und</strong> des hohen<br />

Interesses am Thema ab Mitte der 90er Jahre in Routine-Diagnostik oder anderen Studien<br />

anfallende Daten recht willkürlich in Beziehung zur <strong>Krankheitseinsicht</strong> gesetzt worden.<br />

Zweitens besteht ein Mangel an quantitativen Übersichtsarbeiten – so wurden bislang<br />

erst zwei große Metaanalysen zu kognitiven <strong>und</strong> symptomatischen Korrelaten der Einsicht

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