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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

Selbstreflexion, sondern liegt in seiner Vernetzung mit dem VMPFC (exekutive Kontrolle),<br />

so dass eine Funktionsstörung zu einer Dysregulation des CMS-Netzwerks <strong>und</strong> somit<br />

indirekt zu einer Störung der Selbstreflexion führen würde.<br />

Nicht alle Studien konnten allerdings eine Sonderrolle des DLPFC belegen. Orbitofrontale<br />

Areale erwiesen sich jedoch wiederholt als bedeutsam: SAPARA et al. (2007) fanden in<br />

ihrer volumetrischen MRT-Studie an 28 nicht-stationären Probanden nach Kontrolle der<br />

Erkrankungsdauer signifikante positive Zusammenhänge zwischen Symptombewusstheit<br />

(BIS/SAI-E) <strong>und</strong> den Volumina der grauen Substanz des rechten orbitofrontalen Gyrus<br />

(OFG: r = .36) sowie zwischen der Bewusstheit einer psychischen Erkrankung <strong>und</strong><br />

Volumina des OFG (bilateral: r = .33) sowie des linken Gyrus frontalis inferior (r = .39).<br />

Für den Bereich des DLPFC (Gyrus frontalis medius) ließen sich keine konsistenten<br />

Zusammenhänge nachweisen. Die Konsequenz- <strong>und</strong> Behandlungs-Dimensionen der<br />

Einsicht korrelierten nicht signifikant mit Gehirnvolumina.<br />

BASSITT, NETO, DE CASTRO <strong>und</strong> BUSATTO (2007) untersuchten 50 nicht-stationäre<br />

Patienten in einer MRT-Studie, die den analytischen Ansatz der voxel-basierten Morphometrie<br />

(VBM) statt einer Festlegung interessierender Bereiche a priori (regions of interest,<br />

ROI) wählte. Die VBM-Methode hat den Vorteil, einen volumetrischen Überblick über das<br />

gesamte Gehirn zu geben <strong>und</strong> dabei nicht auf konsensuelle Festlegungen von Bereichsgrenzen<br />

angewiesen zu sein. Sie fanden mit dieser Methode keinen Hinweis auf eine Korrelation<br />

zwischen zerebraler Atrophie <strong>und</strong> Uneinsichtigkeit (SUMD). Mit der gleichen Methode<br />

(VBM) <strong>und</strong> in einer ähnlichen Stichprobe (N = 52) fanden COOKE et al. (2008) ebenfalls<br />

keine Zusammenhänge von Einsichtsdimensionen (BIS, SAI-E) <strong>und</strong> frontalen Arealen.<br />

Problembewusstheit korrelierte allerdings mit dem Volumen des medialen Parietallappens<br />

(Präcuneus), der in Zusammenhang mit der Verarbeitung selbst-bezüglicher Informationen<br />

gebracht werden konnte (KIRCHER et al., 2000). An Symptombewusstheit <strong>und</strong> -attribution<br />

waren temporale Areale (BA 21) beteiligt. Beide Regionen vermitteln im Zusammenspiel<br />

mit frontalen Arealen auch exekutive Funktionen (BUCHSBAUM et al., 2005).<br />

Fazit<br />

Bislang wurden nur wenige Studien zur Anosognosie-Hypothese der <strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

bei Schizophrenie durchgeführt. Aufgr<strong>und</strong> der häufig geringen<br />

Stichprobengrößen, ihrer unterschiedlichen Symptomschwere <strong>und</strong> einer häufig<br />

unzureichenden Kontrolle konf<strong>und</strong>ierender Variablen (Krankheitsdauer, Medikation)<br />

zeichnen diese noch kein eindeutiges Bild. Ein erstes Modell, das vorliegende<br />

Bef<strong>und</strong>e integriert, stammt von SHAD, KESHAVAN, TAMMINGA, CULLUM<br />

<strong>und</strong> DAVID (2007): Demnach sollen der rechtshemisphärische DLPFC <strong>und</strong><br />

parietale Areale durch ihre Beteiligung an der Kontrolle des Arbeitsgedächtnisses<br />

(z. B. Kategorien- bzw. Perspektivwechsel) <strong>und</strong> am Abruf selbstrelevanter<br />

Gedächtnisinhalte Symptombewusstheit (»Anautognosie«) vermitteln, während<br />

der ACC <strong>und</strong> der rechte mediale OFC über ihre Beteiligung an Fehlerdetektion<br />

<strong>und</strong> der Zuschreibung motivationaler Salienz zu Stimuli Symptomattribution<br />

(»Dysautognosie«) mediieren sollen. Angesichts des in Kapitel 3<br />

skizzierten neurobiologischen Beanspruchungsprofils des WCST, das ebenfalls<br />

Aktivierungen von DLPFC <strong>und</strong> ACC umfasst (BUCHSBAUM et al., 2005; LIE et<br />

al., 2006) rechtfertigen die referierten Bef<strong>und</strong>e zum neurobiologischen Substrat<br />

der Einsicht den häufigen Einsatz des WCST zur Erforschung der kognitiven<br />

Gr<strong>und</strong>lagen des Phänomens.

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