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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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312<br />

Diskussion<br />

In diese Richtung weist auch die erstmalige Verbindung des clusteranalytisch untersuchten<br />

Modells von GREVE, LOVE, SHERWIN, MATHIAS, RAMZINSKI et al. (2002) mit dem WCSTdyn:<br />

Lerner begehen im Prätest trotz ihrer im Vergleich zu Nichtlernern höheren Gesamtsortierleistung<br />

signifikant mehr nonperseverative Fehler. Diese wurden teilweise als Ausdruck<br />

notwendigen Explorationsverhaltens gewertet (BARCELÓ & KNIGHT, 2002), d. h. Lerner<br />

begehen mehr Fehler, weil sie häufiger neue, falsche Regeln ausprobieren. Selbstverständlich<br />

mag dies auch bei Lernern auf eine abgeschwächte Wirkung korrektiven Feedbacks<br />

oder begrenzte attentional-mnestische Ressourcen zurückzuführen sein. Dennoch liegt der<br />

Verdacht nahe, dass zumindest einige Lerner übermäßig komplexe Regeln vermuten statt<br />

Identitätsklassifikationen zu bevorzugen. Entsprechend besteht die Möglichkeit, dass auch<br />

»perseverative« Prätest-Fehler in der Lerner-Gruppe kein exekutives Defizit, sondern<br />

andere Faktoren erfassen (z. B. Rückversicherung, Hilflosigkeit, Frustration, Regel-<br />

Idiosynkrasien).<br />

Wie ließe sich nun die künftige Erforschung der neuro- <strong>und</strong> metakognitiven Gr<strong>und</strong>lagen<br />

des WCSTdyn <strong>und</strong> ihrer potentiellen differentiellen Beeinträchtigungen bei Lernern <strong>und</strong><br />

Nichtlernern strategisch gestalten? Hierzu können einige allgemein gehaltene Empfehlungen<br />

abgegeben werden:<br />

Erstens sollten Studien verstärkt prozessreinere Tests einbeziehen, d. h. solche, die eine<br />

höhere Konstruktvalidität bei der Erfassung der mutmaßlich beteiligten Prozesse aufweisen<br />

als WCST-Fehlervariablen. Prozessreinere Tests lassen sich umfangreichen neuropsychologischen<br />

Testbatterien (z. B. der Cambridge Neuropsychological Test Automated Battery,<br />

CANTAB) sowie den Vorschlägen der CNTRICS entnehmen (BARCH, BERMAN et al.,<br />

2009; BARCH, BRAVER et al., 2009).<br />

Um die Fähigkeit zur Abstraktion <strong>und</strong> zur Identifikation einfacher Regeln zu erfassen,<br />

bietet sich der Intradimensional-Extradimensional-Subtest (IED) der CANTAB-Batterie<br />

an, der bereits von JAZBEC et al. (2006) zusammen mit dem WCST eingesetzt wurde<br />

(s. Abschnitt 3.5.1). In Weiterführung dieses Bef<strong>und</strong>s könnte die Hypothese geprüft<br />

werden, dass die Leistung in frühen CANTAB-Testabschnitten (Reizdiskrimination,<br />

intradimensionale Shifts) stärker mit dem Prätest, die eher exekutive Fähigkeit zu den<br />

später erforderlichen extradimensionalen Shifts stärker mit dem Posttest zusammenhängt.<br />

Varianten der klassischen Stroop-Aufgabe lassen sich verwenden, um die durch den<br />

dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC) vermittelte Aufrechterhaltung <strong>und</strong> Nutzung<br />

von Regel-Repräsentationen zu testen (sog. Switching-Stroop, bei dem die Regel [Wort vs.<br />

Farbe] vor jedem Trial angekündigt <strong>und</strong> häufig gewechselt wird). Zusätzlich könnte der<br />

Konflikt-<strong>und</strong>-Fehler-Adaptions-Stroop zur Erfassung der u. a. durch das anteriore Cingulum<br />

(ACC) vermittelten <strong>dynamisch</strong>e Anpassung der Kontrolle eingesetzt werden, die bei<br />

Nichtlernern beeinträchtigt zu sein scheint. Von Interesse ist hier, ob eine Erhöhung der<br />

Reaktionsgeschwindigkeit nach inkongruenten Trials stattfindet (Konflikt-Adaptation).<br />

Und schließlich wäre es erhellend, Kapazität <strong>und</strong> Interferenzkontrolle des Arbeitsgedächtnisses<br />

über eine Spannen-Aufgabe abzuschätzen (d. h. gleichzeitiges Memorieren<br />

von Material <strong>und</strong> Ausführung mentaler Operationen). Hier hatten MORICE <strong>und</strong> DELAHUNTY<br />

(1996) bereits eine hohe Korrelation mit dem statischen WCST gef<strong>und</strong>en. Aufgr<strong>und</strong> der<br />

Ergebnisse von WIEDL et al. (2004) <strong>und</strong> OHRMANN et al. (2008) kann erwartet werden, dass<br />

prozessreinere Tests der beiden letztgenannten Bereiche (<strong>dynamisch</strong>e Anpassung der<br />

Kontrolle, Interferenzkontrolle) höher mit dem Post- als mit dem Prätest korrelieren.<br />

Während bereits einige Paradigmen zur Erfassung neurokognitiver Subfunktionen zur<br />

Verfügung stehen, würde sich die validere Operationalisierung der weiteren diskutierten

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