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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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Coping <strong>und</strong> Abwehr<br />

Autoren zufolge durch eine Hautleitfähigkeitsreaktion beim Hören der eigenen Stimme<br />

indiziert. Verstärken ließ sich dies durch eine Induktion von Fehlschlägen. Der SDQ<br />

korreliert substanziell negativ mit Ängstlichkeitsskalen (r ≤ -.45: LINDEN, PAULHUS &<br />

DOBSON, 1986; s. auch TURVEY & SALOVEY, 1993), d. h. je ausgeprägter die Selbsttäuschung,<br />

desto weniger Angst wird berichtet. Der »ontologische Status« der Selbsttäuschung<br />

(SACKEIM & GUR, 1985), d. h. ob Fragebögen echte Selbsttäuschung oder ein vorsichtiges<br />

Antwortverhalten erfassen, bleibt letztlich unklar.<br />

Das Selbsttäuschungs-Konzept von SACKEIM <strong>und</strong> GUR (1978) wurde weiter differenziert<br />

von PAULHUS <strong>und</strong> Mitarbeitern (1984, 1986 1991, 1998), die zwischen einer affiliationsorientierten<br />

Selbstdarstellung (impression management, Dimension Gamma) <strong>und</strong> einer<br />

machtmotivierten Selbsttäuschung unterscheiden (Dimension Alpha), wobei letztere später<br />

noch einmal in Selbstaufwertung <strong>und</strong> Leugnung (self-deceptive enhancement bzw. denial)<br />

unterteilt wurde. Die Gegenüberstellung von »unbewusster« Selbsttäuschung <strong>und</strong> »bewusster«<br />

Selbstdarstellung wurde aufgegeben. Die Autoren fanden, dass Reaktionen auf<br />

Gamma-Items (Selbstdarstellung, soziale Erwünschtheit) erwartungsgemäß stärker mit<br />

Anforderungscharakteristika von Situationen kovariieren (PAULHUS, 1984, Studie 3).<br />

Klassische Erwünschtheitsitems sind allerdings nicht faktorrein, sondern scheinen sowohl<br />

Fremd- als auch Selbsttäuschungstendenzen sensu PAULHUS (1984) widerzuspiegeln.<br />

Die Adaptivität eines defensiven Reaktionsstils konnte nicht abschließend geklärt werden.<br />

LAZARUS <strong>und</strong> FOLKMAN (1984, S. 133), eigentlich Vertreter einer Bewältigungsperspektive<br />

(s. u.), lehnten eine A-priori-Einschätzung der Wirksamkeit von Coping <strong>und</strong> Abwehr ab<br />

<strong>und</strong> nahmen an, dass die Adaptivität von Leugnung stark personen-, situations- <strong>und</strong><br />

kontextabhängig ist. Möglicherweise schützt eine gewisse Selbsttäuschung, indem sie<br />

Selbstwert <strong>und</strong> Selbstwirksamkeit erhält, die personalen Antezedenzien erfolgreicher<br />

Bewältigung (s. PAULHUS, 1986, S. 151-152). Eine gewisse Vermeidung oder Minimierung<br />

aversiver Kognitionen könnte einerseits eine Voraussetzung für den effektiven Einsatz<br />

problemzentrierter Coping-Strategien sein (GRAVDAL & SANDAL, 2006), d. h. Abwehr <strong>und</strong><br />

Bewältigung könnten parallel ablaufen <strong>und</strong> sich gegenseitig beeinflussen (STEFFENS &<br />

KÄCHELE, 1988). Auf der anderen Seite könnte eine ausgeprägte Selbsttäuschung ein<br />

Korrelat niedriger Bestrafungssensibilität darstellen, was sich langfristig als eher maladaptiv<br />

erweisen sollte (PETERSON et al., 2003, Studie 2).<br />

SULS <strong>und</strong> FLETCHER (1985) fanden in Metaanalysen, dass vermeidende Bewältigungsstrategien<br />

durchaus kurzfristig adaptiver sein können als solche, die mit einer Hinwendung<br />

der Aufmerksamkeit zum Bewältigungsobjekt einhergehen (s. auch CRAMER, 1998b). In<br />

einer Reihe von Arbeiten hat MILLER (z. B. 1989; MILLER et al., 1996) für den Bereich der<br />

lebensbedrohlichen somatischen Erkrankungen gezeigt, dass eine Beachtung, Sammlung<br />

<strong>und</strong> Amplifikation bedrohlicher Information Wohlbefinden, Anpassung <strong>und</strong> Regeneration<br />

verschlechtern können. Andauernde, unkontrollierbare Bedrohungen sollen daher nach<br />

MILLER kognitiver Vermeidung <strong>und</strong> Leugnung Vorschub leisten. Weitere Erörterungen der<br />

Adaptivität von Leugnung liefert der Band von EDELSTEIN, NATHANSON <strong>und</strong> STONE (1989).<br />

Fazit<br />

Der Abwehrmechanismus der Leugnung wird auch von aktuellen tiefenpsychologischen<br />

Modellen aufgegriffen, wobei zunehmend versucht wird, kognitive<br />

Mediatoren (z. B. Aufmerksamkeitslenkung) zu identifizieren <strong>und</strong> auch die<br />

Möglichkeit der Leugnung einzelner Facetten eines Abwehrobjekts thematisiert<br />

wird. Der Einsatz von Offenheitsskalen erscheint als gangbarer Weg, um einen<br />

Responder-Typus zu identifizieren, dem negative Affekte <strong>und</strong> selbstwert-

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