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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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Wisconsin Card Sorting Test<br />

Das LZG beinhaltet wiederum die epistemischen, heuristischen <strong>und</strong> evaluativen Wissensstrukturen,<br />

die die zentrale Exekutive beim Problemlösen abrufen <strong>und</strong> anwenden muss. Sie<br />

setzt dabei Filter zur Selektion relevanter Information, verwaltet die kapazitäts- <strong>und</strong><br />

zeitbegrenzten phonologischen <strong>und</strong> visuellen Speicher <strong>und</strong> kann deren Inhalte durch<br />

elaborierendes Memorieren mit jenen des LZG zu kohärenten Modellen verknüpfen, wobei<br />

neue Relationen zwischen LZG-Elementen gestiftet werden können.<br />

Das Arbeitsgedächtnissystem zeichnet somit verantwortlich für die Ausübung komplexer<br />

kognitiver Kontrollfunktionen, darüber hinaus ist es eng verzahnt mit Sprachproduktion<br />

<strong>und</strong> -rezeption. Bereits diese kurze Skizze des Arbeitsgedächtnisses dürfte verdeutlicht<br />

haben, dass eine konzeptuelle <strong>und</strong> empirische Trennung von <strong>Exekutivfunktionen</strong> <strong>und</strong><br />

Arbeitsgedächtnis sensu BADDELEY (z. B. 2003) nur graduell möglich ist: Exekutive <strong>und</strong><br />

Speichersysteme sind sowohl bei der Bearbeitung typischer Arbeitsgedächtnisaufgaben als<br />

auch bei der Lösung komplexer Probleme kritisch aufeinander angewiesen. Die zentrale<br />

Exekutive ist wegen der Homunculus-Problematik, also ihrer irreduziblen explanativen<br />

Mächtigkeit, das theoretisch unbefriedigendste Element des Arbeitsgedächtnis-Modells.<br />

Es sei außerdem darauf hingewiesen, dass die integrative <strong>und</strong> steuernde Funktion der<br />

zentralen Exekutive häufig auch als »Aufmerksamkeit« bezeichnet wird – so nannten<br />

NORMAN <strong>und</strong> SHALLICE (1986) diese Instanz noch Supervisory Attentional System.<br />

Aufmerksamkeit ist, wie auch »<strong>Exekutivfunktionen</strong>«, ein Regenschirm-Begriff, der<br />

verschiedenartige Funktionen überspannt <strong>und</strong> hier nicht detailliert dargelegt werden soll<br />

(vgl. EYSENCK & KEANE, 2005). POSNER <strong>und</strong> ROTHBART (2007) unterscheiden z. B. Wachheit<br />

(Modulation der sensorischen Sensitivität), Orientierung (Ausrichtung auf Signalquellen)<br />

<strong>und</strong> exekutive Aufmerksamkeit (Lösen von Verarbeitungskonflikten). Auf den missverständlichen<br />

Begriff der Aufmerksamkeit wurde daher verzichtet, auch weil andere Taxonomien<br />

der Kognition bei Schizophrenie hierunter eher Vigilanz, also die Daueraufmerksamkeit<br />

für seltene Ereignisse, verstehen (z. B. MATRICS: NUECHTERLEIN et al., 2004).<br />

Die zentrale Exekutive <strong>und</strong> die von ihr »versklavten« Speicher arbeiten also eng zusammen<br />

– dennoch berichtet die MATRICS eine faktorenanalytische Separierbarkeit reiner<br />

Arbeitsgedächtnis-Tests <strong>und</strong> solcher des »Problemlösens«, von denen meist angenommen<br />

wird, dass sie (auch) exekutive Funktionen operationalisieren. Dies dürfte v. a. auf den<br />

Umstand zurückgehen, dass einfache Arbeitsgedächtnistests (z. B. Zahlenspanne) tatsächlich<br />

primär mnestische Subsysteme beanspruchen, während bei komplexen Tests der<br />

<strong>Exekutivfunktionen</strong> (z. B. WCST, Turm-von-Hanoi) die Kenntnis heuristischer Strategien<br />

<strong>und</strong> weitere fluide Kontroll-Komponenten (z. B. Hemmung irrelevanter Information, s. u.)<br />

zusätzlich stark ins Gewicht fallen. Sobald allerdings die exekutiven Anforderungen in<br />

Arbeitsgedächtnis-Tests steigen (z. B. durch die Einführung von Doppelaufgaben oder der<br />

Notwendigkeit zur mentalen Umstellung des Materials), zeigen sich die erwarteten<br />

Korrelationen mit Problemlösungsaufgaben (vgl. PERRY et al., 2001; GOLD, CARPENTER,<br />

RANDOLPH, GOLDBERG & WEINBERGER, 1997). Auch ergeben sich stärkere Korrelationen,<br />

sobald der Einfluss kristalliner Intelligenzkomponenten auf die Bearbeitung von Problemlösetests<br />

zugunsten fluider exekutiver Komponenten durch didaktische Interventionen<br />

abgeschwächt wird (WIEDL, SCHÖTTKE, GREEN & NUECHTERLEIN, 2004).<br />

Eine theoretisch feiner differenzierte Analyse von Arbeitsgedächtnis <strong>und</strong> <strong>Exekutivfunktionen</strong><br />

liefert die sich 2007 an MATRICS anschließende NIMH-Initiative CNTRICS (Cognitive<br />

Neuroscience Treatment Research to Improve Cognition in Schizophrenia).<br />

Die CNTRICS, deren Ziel die Entwicklung prokognitiver Pharmazeutika ist, wählte einen<br />

stärker kognitiv-neurowissenschaftlichen Zugang zur Kognition bei Schizophrenie (u. a.<br />

Bildgebung, Tiermodelle): Es soll eine Konzentration auf spezifische neurokognitive

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