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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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Wisconsin Card Sorting Test<br />

oder beides), was die Vergleichbarkeit der Paradigmen einschränkt. Tatsächlich ist<br />

Regellernen im WCST von eher untergeordneter Bedeutung – wichtig ist vielmehr, keine<br />

überflüssigen Regeln zu vermuten (s. u.).<br />

Bevor unten empirische Studien referiert werden, die einen Beitrag der Abstraktion von<br />

Stimulus-Dimensionen zur WCST-Leistung belegen <strong>und</strong> abschließend die Hierarchie der<br />

Stimulusdimensionen untersucht wird, erfolgt ein kursorischer Ausflug in die Themengebiete<br />

Arbeitsgedächtnis, semantische Verarbeitung <strong>und</strong> perzeptuelle Organisation, die<br />

zum Verständnis von Abstraktionsschwierigkeiten bei Schizophrenie beitragen können. Es<br />

werden drei nicht ausschließliche heuristische Annahmen zur Abstraktion gemacht, die<br />

helfen, die im Anschluss beschriebenen Bef<strong>und</strong>e zur Konstruktvalidität des WCST einzuordnen.<br />

Diese lauten:<br />

(1.) Abstraktion im WCST erfordert ein Arbeitsgedächtnis.<br />

(2.) Abstraktion im WCST wird unterstützt durch semantische Netzwerke.<br />

(3.) Abstraktion im WCST erfordert eine Abwärtsmodulation der Wahrnehmung.<br />

(1.) Attributidentifikation erfordert bestimmte Kontroll- <strong>und</strong>/oder Kapazitätsmerkmale des<br />

Arbeitsgedächtnisses – hierbei könnte es sich um die Fähigkeit handeln, Dimensions-<br />

Repräsentationen zu aktivieren, temporär aktiviert zu halten <strong>und</strong> interferenzfrei zu<br />

verwenden. Dies muss nicht notwendigerweise in einem sprachlichen Code erfolgen (der<br />

gleichwohl sehr viel leistungsfähiger ist, s. u.).<br />

Auf neurobiologischer Ebene entspricht dies möglicherweise einer angemessenen Erregungsausbreitung<br />

<strong>und</strong> -hemmung in separaten posterioren Neuronenverbänden, die die<br />

entsprechenden Stimulus-Qualitäten codieren (vgl. JONIDES, LACEY & NEE, 2005) <strong>und</strong><br />

deren Aktivität von Projektionen präfrontaler Areale wie dem dorsolateralen präfrontalen<br />

Kortex (DLPFC) moduliert wird (vgl. BERMAN et al., 1995). »Abstraktion« ist aus dieser<br />

Perspektive eine Leistung, die ermöglicht wird durch eine hohe Kapazität, Differenzierung<br />

<strong>und</strong> <strong>dynamisch</strong>e Regulation eines informationsverarbeitenden Systems. Ein solches<br />

allgemein gehaltenes Modell könnte auch nicht-sprachliche »Abstraktionsleistungen« im<br />

WCST bei nicht-menschlichen Primaten erklären (z. B. MANSOURI & TANAKA, 2002). Eine<br />

erste heuristische Annahme könnte also lauten, dass Störungen des Arbeitsgedächtnis-<br />

Systems die Abstraktionsfähigkeit limitieren.<br />

Hierzu könnten sowohl basale nicht-exekutive Defizite, die intradimensionale Assoziationen<br />

schwächen, als auch exekutive, inhibitorische Defizite (bedingt z. B. durch präfrontale<br />

Hypodopaminergie: vgl. JAZBEC et al., 2006), die konfliktfreie extradimensionale<br />

Wechsel möglich machen, beitragen. Es könnte argumentiert werden, dass tatsächlich<br />

beide Aspekte – die strukturelle innere Kohärenz <strong>und</strong> die <strong>dynamisch</strong>e Exzitation <strong>und</strong><br />

Hemmung einer Kategorie –, »Abstraktion« ausmachen (für eine vertiefende Darstellung<br />

von Modellen des Arbeitsgedächtnis s. MIYAKE & SHAH, 1999). Arbeitsgedächtnisdefizite bei<br />

Schizophrenie gelten als gut belegt (z. B. LEE & PARK, 2005). Zusammenhänge zwischen<br />

Arbeitsgedächtnismaßen <strong>und</strong> dem WCST werden im kommenden Abschnitt referiert.<br />

(2.) Menschen nutzen speziell ihr semantisches System zu einer drastischen Erhöhung der<br />

Kapazität <strong>und</strong> Flexibilität ihrer Informationsverarbeitung in einem breiten Spektrum<br />

kognitiver Tätigkeiten. Eine zweite Annahme könnte lauten, dass die Aktivierung <strong>und</strong>/oder<br />

Anwendung semantischer Kategorien bei der Analyse von WCST-Stimuli <strong>und</strong> -Regeln<br />

abgeschwächt ist. Dies kann als Spezialfall von Annahme 1 gesehen werden: Auch

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