06.10.2013 Aufrufe

Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

146<br />

<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

MCEVOY et al., 2006; SAEEDI et al., 2007; VRACOTAS, SCHMITZ, JOOBER & MALLA, 2007;<br />

LYSAKER & SALYERS, 2007; GONZALES, 2008). Zwei fanden keinen direkten Zusammenhang<br />

(KAISER, SNYDER, CORCORAN & DRAKE, 2006; COOKE, PETERS, FANNON et al., 2007).<br />

In einer eigenen Arbeit (WALDORF, WIEDL & SCHÖTTKE, 2007) wurde der Effekt von<br />

MINTZ et al. (2003) ebenfalls gef<strong>und</strong>en: Bei 195 Teilnehmern einer einmonatigen ergotherapeutischen<br />

Maßnahme korrelierte Einsicht (G12) zur Baseline schwach mit Depressivität<br />

nach einem Monat (PANSS-Faktor: rS = .18, p < .05). Insgesamt kann gefolgert werden,<br />

dass zumindest ein schwacher querschnittlicher Zusammenhang von Einsicht <strong>und</strong><br />

Depressivität empirisch gut belegt ist.<br />

Mindestens drei Arbeiten weisen darüber hinaus auf einen negativen Zusammenhang<br />

zwischen <strong>Krankheitseinsicht</strong> <strong>und</strong> Selbstwert hin (COOKE, PETERS, GREENWOOD et al., 2007;<br />

LYSAKER, ROE & YANOS, 2007; STARING, VAN DER GAAG, VAN DEN BERGE, DUIVENVOORDEN &<br />

MULDER, 2009), wobei letztere Arbeiten auf eine Moderation durch internalisiertes Stigma<br />

hindeuten.<br />

Mindestens elf quer- <strong>und</strong> längsschnittliche Arbeiten konnten Korrelationen von<br />

Einsichtsdimensionen mit Suizidalität, d. h. Suizidgedanken, Suizidversuchen bzw.<br />

selbstverletzendem Verhalten nachweisen (AMADOR et al., 1996; SCHWARTZ & PETERSEN,<br />

1999; SCHWARTZ, 2000; KIM, JAYATHILAKE & MELTZER, 2003; EVREN & EVREN, 2004;<br />

SCHWARTZ & SMITH, 2004; CRUMLISH et al., 2005; SCHWARTZ-STAV et al., 2006; HARVEY et<br />

al., 2008; GONZALES, 2008; FOLEY et al., 2008). Bei YEN, YEH, CHEN <strong>und</strong> CHUNG (2002) war<br />

Einsicht hingegen nicht von prädiktivem Wert.<br />

Bislang konnte das Wirkgefüge von Einsicht <strong>und</strong> Depression noch nicht eindeutig geklärt<br />

werden. Es bieten sich mindestens vier verschiedene Erklärungsansätze an, die im<br />

Folgenden als klinisch-nosologische Hypothese, als Leidensdruck-Hypothese, als Depressiver-Realismus-Hypothese<br />

<strong>und</strong> als Krankheitsverarbeitungs-Hypothese bezeichnet werden.<br />

Erstens könnten, im Sinne einer rein klinisch-nosologischen Hypothese, Depressivität<br />

<strong>und</strong> Einsicht in gemischten Schizophrenie-Spektrums-Stichproben auf einen benigneren<br />

schizoaffektiven Prägnanztyp zurückgeführt werden. Analog zur klinischen, »Bleulerianischen«<br />

Erklärung der Uneinsichtigkeit (CUESTA & PERALTA, 1994, S. 364) müsste postuliert<br />

werden, dass Personen mit schizodepressiven Störungen deshalb einsichtiger sind, weil sie<br />

weniger psychotisch-krank sind. In Studien zur <strong>Krankheitseinsicht</strong> bei Schizophrenie<br />

werden häufig auch Patienten mit Diagnosen einer schizoaffektiven Erkrankung eingeschlossen,<br />

Unterschiede zur Schizophrenie jedoch kaum untersucht. Indirekte Evidenz<br />

ergibt sich aus Studien, die zeigen, dass Patienten mit schizoaffektiver Störung, deren<br />

klinische <strong>und</strong> psychosoziale Prognose in der Tat günstiger ist als die der Schizophrenie<br />

(z. B. JÄGER, BOTTLENDER, STRAUSS & MÖLLER, 2004), in mehreren Untersuchungen eine<br />

höhere Einsicht aufwiesen als Patienten mit non-affektiven Schizophrenie-Diagnosen (z. B.<br />

PINI, CASSANO, DELL’OSSO & AMADOR, 2001; AMADOR et al., 1994). So waren sich schizoaffektive<br />

Patienten bei AMADOR et al. (1994) ihrer psychischen Erkrankung (g = 0,36), ihrer<br />

Halluzinationen (g = 0,47), Wahnideen (g = 0,49), ihrer Anhedonie (g = 0,46) <strong>und</strong> ihres<br />

sozialen Rückzugs (g = 0,61) signifikant bewusster als schizophrene.<br />

Zweitens lässt sich für den Bef<strong>und</strong> höherer <strong>Krankheitseinsicht</strong> depressiver Patienten<br />

eine alternative Erklärung beibringen: Depressive Stimmung ist definitionsgemäß erlebnispflichtig,<br />

d. h. Einsicht bei nicht-psychotischen Depressionen meist gegeben (AMADOR et<br />

al., 1994). Negative Emotionalität erzeugt Leidensdruck <strong>und</strong> so häufig Behandlungsbereitschaft<br />

(GHAEMI, 2007). Es ist entsprechend plausibel, dass Patienten mit schizodepressiven<br />

Erkrankungen zumindest auf einigen Einsichtsdimensionen als einsichtiger beurteilt

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!