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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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Wisconsin Card Sorting Test<br />

zusätzliche komplexe idiosynkratische Regeln vermutet <strong>und</strong> getestet werden (z. B. unter<br />

Einbezug von Konjunktionen). Dies kann u. U. zu Performanzeinbußen führen, z. B. wenn<br />

falsche Regeln zufällig verstärkt werden oder die so generierte Information die reduzierte<br />

Verarbeitungskapazität übersteigt.<br />

Obwohl selten, kann dies durchaus vorkommen: Interessante Beispiele aus der Erfahrung<br />

des Verfassers, die allerdings nie systematisch dokumentiert wurden, umfassen u. a.<br />

die Vermutung, dass Reaktionskarten so gelegt werden müssen, dass immer auch nach<br />

Farbe sortiert wird, allerdings um eine variierende Stapelzahl versetzt zu den Zielkarten;<br />

oder dass die Anzahl der Objekte auf Ziel- <strong>und</strong> Reaktionskarten addiert oder subtrahiert<br />

werden müssen, <strong>und</strong> dass die resultierende Zahl ein Regel-Bestandteil ist.<br />

Ganz ähnliche Beobachtungen scheinen bereits GOLDBERG, WEINBERGER, BERMAN,<br />

PLISKIN <strong>und</strong> PODD (1987) gemacht zu haben, die in ihrer bekannten WCST-Remediationsstudie<br />

an Personen mit chronifizierter Schizophrenie folgende klinische Beobachtung<br />

notieren: »A number of patients appeared to make the task <strong>und</strong>uly complex. They<br />

developed hypotheses for matching that involved using combinations of categories to<br />

determine a match and that took precedence over the correct category« (S. 1011).<br />

Empirische Untersuchungen zu diesem Thema sind rar: PERRY et al. (2001) fanden in<br />

ihrer WCST-Interventionsstudie, dass in einer Verbalisierungsbedingung nach Standarddurchführung<br />

10 % der Probanden unkonventionelle, nicht auf die faktischen Regeln<br />

bezogene Gründe für ihre Sortierungen angaben. Möglicherweise konnten sich diese<br />

Idiosynkrasien während der Standarddarbietung gerade wegen des Fehlens der kognitiv<br />

entlastenden Verbalisierung verfestigen. Dies weist auf ein komplexes Zusammenspiel<br />

zwischen fluiden <strong>und</strong> kristallinen Performanzkomponenten hin.<br />

Hierfür spricht auch eine Simulationsstudie von DEHAENE <strong>und</strong> CHANGEUX (1991), die<br />

mit Hilfe neuronaler Netze die Auswirkungen verschiedener Ausfälle des kognitiven Apparats<br />

auf die WCST-Bearbeitung untersuchten. Diese wird unten ausführlicher dargestellt.<br />

Ein wesentliches Ergebnis ist, dass die Konstruktion zusätzlicher idiosynkratischer Regeln<br />

gerade im Konzert mit sonstigen kognitiven Defiziten (v. a. einer reduzierten Arbeitsgedächtniskapazität)<br />

zu Überlastung <strong>und</strong> Performanzeinbußen führt.<br />

Die Autoren schlagen daher vor, die Varianz aus dieser Quelle durch spezielle Instruktionen<br />

zu reduzieren: »… an important source of intersubject variability is the range of<br />

rules that a given subject will consider. The reliability of the test might be improved by<br />

explicitly instructing the subjects that only 3 sorting rules … are possible« (S. 65). Dies<br />

wurde u. a. von WIEDL (1999) mit dem Dynamischen WCST (WCSTdyn) realisiert.<br />

Die gelegentlich negative Wirkung zusätzlicher Regeln illustriert eine von WCST-Testleitern<br />

der Osnabrücker Gruppe um WIEDL, darunter der Autor (MW), berichtete Erfahrung<br />

mit dem WCSTdyn: Gerade die Mitteilung der Wechsel-Regel veranlasst manche Probanden<br />

dazu, die für die WCST-Performanz optimale Win-Stay/Loose-Shift-Strategie (vgl.<br />

FRISTOE, SALTHOUSE & WOODARD, 1997) gegen eine kognitiv anspruchsvollere Monitoring-<br />

Strategie zu ersetzen (stilles Mitzählen der gelegten Karten einer Serie zur Antizipation des<br />

Kategorienwechsels), die gelegentlich die Leistung verringert (so könnte z. B. eine Karte zu<br />

früh gewechselt werden, was eine ganze Kategorie kosten kann).<br />

Fazit<br />

Der WCST ist kein Test des Regellernens im eigentlichen Sinne. Für eine erfolgreiche<br />

Bearbeitung reichen Identifikation <strong>und</strong> selektive Beachtung der Stimulusdimensionen<br />

sowie die Win-Stay/Loose-Shift-Strategie aus (zur Verwertung<br />

von negativem Feedback s. folgender Abschnitt). Heuristische Strukturen

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