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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

»ges<strong>und</strong>en Menschenverstand« (common sense): McEvoy et al. (1996) fanden eine<br />

Korrelation des Social Knowledge Questionnaire (SKQ: s. ebd., S. 641) mit den Items des<br />

ITAQ, die ausschließlich Krankheitsbewusstheit erfassen (r = .37 bis .40), allerdings<br />

überstand diese die Kontrolle von Alter <strong>und</strong> kognitivem Funktionsniveau nicht (N = 32).<br />

UPTHEGROVE et al. (2002) konnten hingegen keine bivariate Korrelation von SAI-Einsicht<br />

<strong>und</strong> SKQ finden (r = .21, n. s.; N = 30).<br />

COOKE, PETERS, FANNON et al. (2007) untersuchten Zusammenhänge zwischen Einsichtsfaktoren<br />

aus SAI-E <strong>und</strong> BIS <strong>und</strong> dem COPE-Fragebogen (CARVER et al., 1989) <strong>und</strong><br />

fanden, dass krankheitseinsichtige Personen mehr instrumentelle soziale Unterstützung<br />

(r = .46), mehr Planung (r = .32) <strong>und</strong> eine geringere resignative Ablösung vom Bewältigungsobjekt<br />

(r = -.30) als Bewältigungsstrategie angaben (N = 55).<br />

Auch weitere Ressourcen wie krankheitsspezifische Kontrollüberzeugungen, die als<br />

personale Antezedenzien den Bewältigungsprozess moderieren, sollten eine aktive Auseinandersetzung<br />

mit der Schizophrenie begünstigen <strong>und</strong> eine defensive Leugnung unwahrscheinlicher<br />

machen (vgl. HOBFOLL, 1989). Dies bestätigten DONOHOE, DONNELL, OWENS<br />

<strong>und</strong> O’CALLAGHAN (2004), die entsprechende Zusammenhänge zwischen Einsicht <strong>und</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitsbezogenem Attributionsstil fanden (Multidimensional Health Locus of Control<br />

Questionnaire, MHLC: WALLSTON, WALLSTON & DEVELLIS, 1978; r = .34 mit internalen<br />

Attributionen, r = -.47 mit Zufallszuschreibungen). Der Attributionsstil wurde auch in einer<br />

schrittweisen Regression signifikanter Prädiktor, nachdem zuvor prämorbide Intelligenz<br />

<strong>und</strong> Symptomatik eingegeben worden waren (adj. R 2 = .30; N = 38).<br />

Fazit<br />

Die dritte Familie ätiologischer Hypothesen zu reduzierter Erkrankungsbewusstheit<br />

bei Schizophrenie umfasst alle »motivationalen« Erklärungen des<br />

Phänomens: Die Erkrankung generiert aufgr<strong>und</strong> funktionaler Einschränkungen<br />

<strong>und</strong> assoziierter (Selbst-) Stigmatisierung eine Reihe stark negativ valenzierter<br />

»Objekte« (z. B. Diagnose, Behandlungsnotwendigkeit, Zukunftsaussichten),<br />

die betroffene Menschen verarbeiten müssen, um die Kontinuität<br />

ihres Selbstkonzepts zu wahren, ihre Emotionalität zu stabilisieren <strong>und</strong> wichtige<br />

Rollenfunktionen ausüben zu können. Aus unterschiedlichen theoretischen<br />

Perspektiven heraus wurden verschiedene Modi der Krankheitsverarbeitung<br />

beschrieben, die den breiten Konzepten »Abwehr« (z. B. Repression) <strong>und</strong> »Bewältigung«<br />

(Coping; z. B. Sealing over) zugeordnet werden können (CRAMER,<br />

2000). Während beide Formen überwiegend als stabile Personenmerkmale gedacht<br />

(oder zumindest erfasst) wurden <strong>und</strong> auch das Bewusstheits- bzw. Automatismus-Kriterium<br />

keine belastbare theoretische Abgrenzung liefert, unterscheiden<br />

sie sich zumindest im Gültigkeitsbereich bzw. in ihrer Objektspezifität:<br />

Abwehr wird meist mit Hilfe von Desirabilitätsskalen erfasst, die<br />

eine generelle Neigung zu positivierender Selbsttäuschung (bzw. -darstellung)<br />

zu erfassen suchen. Eine starke Tendenz von Schizophrenie-Patienten zu sozial<br />

erwünschtem Antwortverhalten kann als gesichert gelten. Bewältigungsstile<br />

werden hingegen über Coping-Skalen gemessen, die diskrete Coping-Akte erfragen.<br />

Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Bef<strong>und</strong>lage in beiden Bereichen<br />

recht dünn ist. Es liegen Korrelationen von krankheitsbezogenen<br />

Selbsteinschätzungen von Schizophrenie-Patienten mit Kontrollskalen vor, die<br />

im Sinne von Defensivität interpretiert werden können, allerdings wurden<br />

kaum moderne Einsichtsskalen verwendet. Hier geht eine Stimmenzählung nur

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