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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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105<br />

Coping <strong>und</strong> Abwehr<br />

bedrohliche Kognitionen aufgr<strong>und</strong> eines repressiven Verarbeitungsstils nicht<br />

bewusst sind, oder der es vorzieht, diese nicht zu offenbaren. Da die diskriminanten<br />

Validitäten der einzelnen Skalen bislang empirisch nicht gesichert werden<br />

konnten <strong>und</strong> die meisten elaborierteren Selbsttäuschungsskalen mit klassischen<br />

Skalen zu sozial erwünschtem Antwortverhalten wie der MCSDS<br />

korrelieren (woraus TURVEY <strong>und</strong> SALOVEY schlossen, »… that all of these scales<br />

are essentially assessing the same construct, a tendency to <strong>und</strong>er-report negative<br />

experiences« [S. 280]), können zur Erfassung von Defensivität einfache<br />

Offenheitsskalen verwendet werden, wie sie Teil vieler Persönlichkeitsfragebögen<br />

sind. Obwohl ältere tiefenpsychologische Modelle (z. B. HAAN, 1977) in<br />

psychoanalytischer Tradition Leugnung als Ausdruck einer unreifen Persönlichkeitsorganisation<br />

einstufen, liegen Hinweise auf eine kurzfristige Adaptivität<br />

von Leugnung bzw. kognitiver Vermeidung bei schweren Erkrankungen vor.<br />

Erste Bef<strong>und</strong>e mit Offenheitsskalen im Zusammenhang mit <strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

werden im folgenden Kapitel dargestellt.<br />

5.2.3 Der transaktionale Coping-Ansatz<br />

Die theoretische Gr<strong>und</strong>lage der angestrebten Erfassung von Krankheitsverarbeitungsstilen<br />

von Menschen mit Schizophrenie-Diagnosen bildet die »transaktionale«, »kognitivphänomenologische«<br />

oder auch »kognitiv-konstruktivistische« Stress-Coping-Theorie von<br />

LAZARUS (1966) <strong>und</strong> LAZARUS <strong>und</strong> FOLKMAN (1984). Bewältigungsverhalten wird dabei<br />

nicht primär als Ausdruck von Persönlichkeitseigenschaften, sondern als Reaktion auf<br />

spezifische Stressoren gesehen, wobei der kognitiven Bewertung von Anforderungen,<br />

eigener Bewältigungsmöglichkeiten <strong>und</strong> ihrer Relation die zentrale Rolle zukommt. Die<br />

Existenz habitueller Bewältigungsreaktionen wird dabei durchaus eingeräumt. Auch gibt es<br />

Berührungspunkte mit den zuerst genannten Ansätzen: Das LAZARUS-Modell weist zwar<br />

keine gemeinhin als »tiefenpsychologisch« aufgefassten Elemente auf, ist aber dennoch<br />

insofern eine motivationale Theorie (LAZARUS & FOLKMAN, 1987), als Bewertungen von<br />

Anforderungen an das Individuum stets vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Motiven vorgenommen<br />

werden, die auch aus motivationspsychologischer Sicht nicht bewusst sein müssen (z. B.<br />

MCCLELLAND, KOESTNER & WEINBERGER, 1989).<br />

Wichtige Bestimmungsstücke des Modells sind (1.) die zentrale Rolle kognitiver Bewertungen<br />

(appraisals) bzw. der relationale Charakter von Stress, (2.) seine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Prozessorientierung <strong>und</strong> die – oftmals nicht erfüllte – Forderung nach der Transaktion<br />

(d. h. der Person-Umwelt-Wechselwirkung) als Analyseeinheit, (3.) die Intentionalität des<br />

Copings, also sein Bezug auf mentale Bewältigungsgegenstände (z. B. akustische Halluzinationen,<br />

die Tatsache der psychischen Erkrankung), (4.) die Analyse der Gerichtetheit des<br />

Copings, d. h. des annähernden oder vermeidenden Charakters von Bewältigungshandlungen,<br />

(5.) die Mehrdimensionalität des Copings, d. h. seine Analyse auf emotionaler,<br />

kognitiver <strong>und</strong> behavioraler Ebene, (6.) die Unterscheidung zwischen Coping <strong>und</strong> seinen<br />

Antezedenzien (z. B. personalen Ressourcen) sowie (7.) die Abgrenzung zu behavioralen<br />

Automatismen <strong>und</strong> (8.) die Entflechtung von Bewältigungsprozess <strong>und</strong> Outcome. Die<br />

wichtigsten Modell-Komponenten werden im Folgenden erläutert.

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