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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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21<br />

Wisconsin Card Sorting Test<br />

Effekte (MESHOLAM-GATELY et al., 2009). Über den anschließenden Krankheitsverlauf<br />

bleibt das Niveau jedoch stabil oder verbessert sich sogar leicht (HOFF et al., 1999; SZÖKE,<br />

2008), möglicherweise mit Ausnahme einer schwerer erkrankten, älteren, hospitalisierten<br />

Subgruppe (KURTZ, 2005).<br />

Nun lässt sich jedoch leicht anhand von Subgruppen-Analysen <strong>und</strong> Kasuistiken (NASAR,<br />

1998; AMADOR & PAUL-ODOUARD, 2000) zeigen, dass längst nicht alle Menschen mit<br />

Schizophrenie-Diagnose in neurokognitiven oder Intelligenz-Tests unterdurchschnittlich<br />

abschneiden, was KREMEN, SEIDMAN, FARAONE, TOOMEY <strong>und</strong> TSUANG (2000) als »paradox<br />

of normal neuropsychological function in schizophrenia« (S. 743) bezeichnet haben.<br />

Dieser vermeintliche Widerspruch wurde in einer Reihe von Studien aufgelöst, deren<br />

Ergebnisse sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:<br />

(a) 20 - 30 % der Patienten mit Schizophrenie-Diagnosen können in neuropsychologischen<br />

Tests als normal oder annähernd normal leistungsfähig (high-functioning) eingestuft<br />

werden (PALMER et al., 1997; ALLEN, GOLDSTEIN & WARNICK, 2003; WEICKERT et al., 2000).<br />

(b) Allerdings weisen auch High-functioning-Probanden trotz ihres insgesamt hohen<br />

kognitiven Niveaus häufiger als nicht-klinische Vergleichsprobanden Beeinträchtigungen in<br />

einzelnen Funktionsbereichen auf (FLASHMAN & GREEN, 2004). Es ist eine theoretisch<br />

verlockende, aber noch nicht hinreichend geprüfte Hypothese, dass es sich hierbei um<br />

kognitive Kontrollfunktionen handeln könnte: DONOHOE et al. (2006) fanden in einer<br />

Subgruppen-Analyse auch in der Gruppe, deren geschätzter prämorbider <strong>und</strong> aktueller<br />

WAIS-IQ im Normalbereich lag (n = 26/95, d. h. 27 %), Defizite des Kategorienwechsels<br />

<strong>und</strong> in Aufmerksamkeitstests, die das Arbeitsgedächtnis beanspruchen – dies spricht eher<br />

gegen LAWS (1999) Annahme.<br />

(c) High-functioning-Probanden weisen häufig sogar eine höhere prämorbide verbale<br />

Intelligenz <strong>und</strong> Bildung als Kontrollprobanden auf, was auf eine höhere kognitive Reservekapazität<br />

(SATZ, 1993) hindeutet (KREMEN et al., 2000; HOLTHAUSEN et al., 2002).<br />

(d) Werden Patienten <strong>und</strong> Kontrollen anhand ihres aktuellen Gesamt-IQs parallelisiert,<br />

so deutet das Subtest-Profil ebenfalls auf eine Kompensation bestimmter Defizite (z. B. des<br />

Gedächtnisses) durch hoch funktionsfähige Teilleistungen wie verbales Verständnis hin<br />

(WILK et al., 2005).<br />

Ein Bef<strong>und</strong> von WEXLER et al. (2009) legt außerdem nahe, dass sich leistungsschwache<br />

<strong>und</strong> High-functioning-Probanden auch auf neurobiologischer Ebene unterscheiden lassen:<br />

Möglicherweise stellt das Volumen der weißen Gehirn-Substanz ein Substrat der Brain<br />

Reserve Capacity (SATZ, 1993) dar.<br />

Zusammenfassung<br />

Menschen mit Schizophrenie-Diagnosen leiden häufig unter substanziellen<br />

Beeinträchtigungen der elementaren Informationsverarbeitung (»Neurokognition«:<br />

z. B. Daueraufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis) <strong>und</strong> der komplexen kognitiven<br />

Funktionen. Diese scheinen weitgehend morbogene Charakteristika der<br />

Störung zu sein, die sich bereits früh im Krankheitsverlauf feststellen lassen<br />

<strong>und</strong> die den Rehabilitationserfolg mitbestimmen. Obwohl in mehreren Studien<br />

kognitiv leistungsfähige Subgruppen gef<strong>und</strong>en wurden, scheint es sich dabei<br />

um Personen zu handeln, die aufgr<strong>und</strong> ihres hohen intellektuellen Ausgangsniveaus<br />

trotz Erkrankung nicht von der Norm abweichen. Einer der betroffenen<br />

Bereiche, der der sog. <strong>Exekutivfunktionen</strong>, wird im Folgenden näher bestimmt.

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