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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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326<br />

Diskussion<br />

leicht beeinflussbar <strong>und</strong> kaum einer effektiven Realitätsprüfung ausgesetzt – auch dies<br />

würde im Mittel zu einem leicht abgesenkten Einsichtswert führen. Künftige Studien sollten<br />

daher den Zusammenhang von Neurokognition <strong>und</strong> Konsistenz der Antworten auf<br />

Offenheits- <strong>und</strong> Einsichtsitems untersuchen.<br />

In Studie 3 wurde ausschließlich die von STARTUP (1996) <strong>und</strong> dem Elbow-Kriterium<br />

nahegelegte, zuvor bereits von LYSAKER et al. (2003) gewählte Clusterzahl betrachtet. Das<br />

DEF-Cluster umfasst einen substanziellen Teil der Stichprobe, der in den verwendeten<br />

Instrumenten keine neurokognitiven Defizite, aber eine deutlich reduzierte <strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

zeigt. Die bestehenden Unterschiede in der Positivsymptomatik erlauben keine<br />

vollständige Erklärung, zumal etwas mehr als ein Viertel des DEF-Clusters zum Zeitpunkt<br />

der Datenerhebung asymptomatisch war. Hier sollte künftig weiter der oben bereits<br />

diskutierten Möglichkeit nachgegangen werden, dass kognitiv intakte, gering krankheitseinsichtige<br />

Patienten stark symptomatisch oder asymptomatisch-defensiv sein könnten.<br />

Die Wahl weiterer, stärker partitionierender Lösungen ist durchaus denkbar, falls<br />

entsprechende theoretische Erwartungen formuliert werden können. Es ist möglich, dass<br />

eine theoretisch besser f<strong>und</strong>ierte Lösung mit der gleichzeitigen Berücksichtigung weiterer<br />

in Kapitel 6 diskutierter Variablen (z. B. Vorurteile, erkrankungsspezifisches Wissen,<br />

Positivsymptomatik) die nach STARTUP (1996) nicht vorhergesehenen Patienten psychologisch<br />

näher charakterisieren kann.<br />

Nach LYSAKER et al. (2003) wurden zum zweiten Mal auch Coping-Skalen zur Überprüfung<br />

des STARTUP-Modells eingesetzt. Da wegen der Objektgerichtetheit von Coping-Prozessen<br />

die psychische Erkrankung bei mangelnder <strong>Krankheitseinsicht</strong> nicht als Bewältigungsobjekt<br />

vorgegeben werden kann, wurde mit dem Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung<br />

(FKV) der Umgang mit Erkrankungen im Allgemeinen (vgl. ALDWIN, 2007) <strong>und</strong><br />

mit dem Coping-Strategien-Test (CST) die Bewältigung selbstgewählter Stressoren des<br />

täglichen Lebens erfragt. Dies entspricht einer retrospektiven Erfassung von Coping-Stilen<br />

auf unterschiedlichen Generalisierungsebenen, wobei sich Hinweise auf eine konvergente<br />

Validität der Instrumente ergaben. Gerechtfertigt wurde diese Vorgehensweise mit<br />

Bef<strong>und</strong>en, die eine moderate Stabilität speziell emotionsfokussierender Bewältigungsformen<br />

gef<strong>und</strong>en haben (FOLKMAN et al., 1986) sowie Studien, die eine höhere Stabilität der<br />

Verarbeitung bei Patienten mit Schizophrenie-Diagnosen vermuten lassen (VENTURA et al.,<br />

2002; MACDONALD et al., 1998).<br />

Es war vorhergesagt worden, dass kognitiv intakte uneinsichtige Patienten mit Erkrankungen<br />

<strong>und</strong> anderen Stressoren weniger problem- <strong>und</strong> stärker emotionszentriert <strong>und</strong><br />

distanzierend umgehen. Dies ließ sich nicht bestätigen. Die einzige Ausnahme stellte eine<br />

stärkere Suche nach sozialer Unterstützung bei krankheitseinsichtigen Patienten dar.<br />

Dieser Bef<strong>und</strong> steht zwar im Einklang mit einer sozialen Normalisierungshypothese<br />

(s. Abschnitt 6.5.15), konnte jedoch nur für die OSSTI-Cluster, nicht für die Einteilung nach<br />

dem PANSS-Item G12 gef<strong>und</strong>en werden. Hier mag die Teststärke eine Rolle spielen, da<br />

CST-Daten nur für eine kleinere Teilstichprobe erhoben werden konnten.<br />

Eine gewichtigere Ursache dürfte aber darin zu sehen sein, dass einzelne OSSTI-Items<br />

Aspekte der <strong>Krankheitseinsicht</strong> <strong>und</strong> der sozialen Bewältigung von Erkrankungen konf<strong>und</strong>ieren<br />

(v. a. »Ich berichte meinen Fre<strong>und</strong>en … von meinen psychischen Beschwerden …«;<br />

»Wenn ich in Zukunft psychische Beschwerden habe, werde ich professionelle Hilfe … in<br />

Anspruch nehmen«). Dies zeigt zweierlei: Zwar verspricht der Einsatz spezifischer, an<br />

Fragestellung <strong>und</strong> Zielgruppe angepasster Bewältigungsskalen eine höhere Validität für die<br />

Prädiktion von Einsicht. Wegen des breiten konzeptuellen Rahmens (u. a. Bewusstheit

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