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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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5.2.3.1 Unterscheidung von automatischer Verarbeitung<br />

106<br />

Coping <strong>und</strong> Abwehr<br />

LAZARUS <strong>und</strong> FOLKMAN (1984) unterscheiden evolvierte, primitive Anpassungsmechanismen<br />

(wie Reflexe, intuitive Verhaltensprogramme) <strong>und</strong> automatisierte kognitive Verarbeitung<br />

(wie die oben erläuterten defensiven Reaktionsstile) von »mühevolleren« (effortful)<br />

Coping-Prozessen: »These acts are adaptive, but they should not be called coping. If they<br />

were, coping would consist of almost everything we do« (S. 130/ 132). Trotz dieser<br />

Betonung der Intentionalität des Copings existiert kein belastbares Abgrenzungskriterium,<br />

der Gültigkeitsbereich des Coping-Konzepts bleibt unscharf. So wird von den Autoren auch<br />

Selbsttäuschung der emotionszentrierten Bewältigung zugerechnet »… self-deception … is<br />

always a potential feature of this type of coping processs. … Successful self-deception must<br />

… occur without consciousness …« (S. 151).<br />

5.2.3.2 Primäre <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>äre Bewertungen<br />

Anstrengungen zur Bewältigung von Stressoren gehen stets kognitive Bewertungsprozesse<br />

(cognitive appraisal processes) voraus. Mit LAZARUS <strong>und</strong> FOLKMAN (1984) wird deskriptiv<br />

zwischen primärer <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ärer Bewertung sowie Umbewertung (primary - secondary<br />

appraisal, reappraisal) differenziert. In der primären Bewertung wird die Motivrelevanz<br />

<strong>und</strong> Valenz eines Ereignisses beurteilt, die sek<strong>und</strong>äre Bewertung betrifft die eigenen<br />

Bewältigungsmöglichkeiten. Ob Bewältigungshandlungen notwendig werden, hängt von<br />

der subjektiven Balance von Anforderungen <strong>und</strong> Ressourcen ab.<br />

Die Erkrankung Schizophrenie konfrontiert das Individuum zweifellos mit einer Reihe<br />

von herausfordernden oder bedrohlichen Bewältigungsgegenständen: Das Erleben einer<br />

psychotischen Episode – vor allem einer Erstmanifestation – <strong>und</strong> ihrer psychiatrischen<br />

Behandlung (d. h. häufig unfreiwillige Krankenhaus-Aufnahme <strong>und</strong> antipsychotische Medikation)<br />

wird von vielen Betroffenen als Bedrohung der »Existenzwerte« (MAYER-GROSS,<br />

1920: z. B. Identität, Rollen, Fähigkeiten) <strong>und</strong> als stigmatisierend erlebt <strong>und</strong> kann depressogen<br />

<strong>und</strong> traumatisierend wirken (TARRIER, KHAN, CATER & PICKEN, 2007; BIRCHWOOD,<br />

IQBAL & UPTHEGROVE, 2005). Auch die Symptome der Erkrankung (z. B. Stimmenhören)<br />

stellen häufig eine erhebliche Belastung dar, die von Bewertungs- <strong>und</strong> Bewältigungsprozessen<br />

mediiert wird (BIRCHWOOD & CHADWICK, 1997).<br />

5.2.3.3 Bewältigungsintentionen<br />

Die individuelle Intention, die mit einer Bewältigungshandlung verb<strong>und</strong>en ist (d. h. der<br />

»Fokus« des Copings auf ein Bewältigungsobjekt), stellt die wichtigste Analyseebene dar<br />

(SKINNER, EDGE, ALTMAN & SHERWOOD, 2003): Die gleichen Coping-Bemühungen können<br />

ebenso der Emotionsregulation <strong>und</strong> Selbstwert-Stabilisierung wie der Veränderung der<br />

Außenwelt bzw. der Problemlösung dienen. Bewältigungsfunktionen bzw. Intentionen<br />

lassen sich nach der Taxonomie der Autoren zu zwei Metafunktionen gruppieren. Dies sind<br />

(1.) die emotionszentrierte (emotion-focused) <strong>und</strong> (2.) die problemzentrierte (problemfocused)<br />

Funktion (LAZARUS & FOLKMAN, 1984; MECHANIC, 1991; PEARLIN & SCHOOLER,<br />

1978). LAUX <strong>und</strong> WEBER (1991) nennen zusätzlich die Ziele der Selbstwertstabilisierung <strong>und</strong><br />

der Wahrung sozialer Beziehungen. Weiterhin kann zwischen auto- <strong>und</strong> alloplastischen<br />

Verarbeitungsformen unterschieden werden (S. FREUD, 1924).<br />

Ein konkreter Bewältigungsakt kann (a) interindividuell verschiedene Absichten verfolgen<br />

<strong>und</strong> (b) intraindividuell multifunktional sein (LAUX & WEBER, 1987). Damit stellt sich

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