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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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12.2.3.1 Diskussion der OSSTI<br />

315<br />

Diskussion<br />

Mit der OSSTI liegt erstmals für den deutschsprachigen Raum ein psychometrisch<br />

überprüfter Fragebogen zur Selbsteinschätzung der psychischen Verfassung <strong>und</strong> Behandlungsbedürftigkeit<br />

bei Schizophrenie vor. Die interne Konsistenz liegt mit α = .79 noch im<br />

guten Bereich, <strong>und</strong> er korreliert zu rOSSTI-G12 = .54 mit einer unabhängig durchgeführten<br />

Fremdbeurteilung (PANSS).<br />

Aus klinisch-praktischer Perspektive ist dies zu begrüßen, ist doch das Thema <strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

relevant für Wohlergehen, Sicherheit <strong>und</strong> Adhärenz von Patienten mit<br />

Schizophrenie-Diagnosen – in Abschnitt 6.5.8 war u. a. ein Zusammenhang mit Depressivität<br />

aufgezeigt worden. Mit seiner Kürze (10 Items) bietet er sich als ökonomisches<br />

Screening für entaktualisierte Patienten an, während seine inhaltlich vergleichsweise<br />

heterogenen Items (angelehnt an das Einsichtskonzept von AMADOR et al. [1993]) auch bei<br />

der Betrachtung des Einzelfalls therapierelevante Hinweise liefern können.<br />

Die Größe der klinisch heterogenen Analyse-Stichprobe ist dabei ausreichend für die<br />

durchgeführten Analysen (Probanden-Item-Verhältnis = 8,5). Allerdings wäre für die<br />

praktische Anwendung der OSSTI die Bereitstellung von Vergleichswerten von Referenzstichproben<br />

aus verschiedenen Bereichen des Versorgungssystems (Akutpsychiatrie,<br />

Tageskliniken, psychiatrische Wohneinrichtungen) wünschenswert, die hier nicht geleistet<br />

werden konnte.<br />

Die durchgeführten Analysen liefern aber auch Hinweise auf mutmaßliche methodologische<br />

<strong>und</strong> psychometrische Schwachpunkte der OSSTI. Diese liegen in der Evozierung sozial<br />

erwünschter Antworten (v. a. Item 5: »Ich befolge sehr genau den ärztlichen Rat«), in der<br />

starken Gewichtung der subjektiven Behandlungsnotwendigkeit (Items 1, 3, 5, 7, 8, 9, 10)<br />

bei gleichzeitiger Operationalisierung weiterer Facetten durch einzelne Items (Items 4, 6),<br />

in der Voraussetzung von Einsicht zur eindeutigen Beantwortung bestimmter Items (3, 4,<br />

6, 9: z. B. »Es gibt Frühwarnzeichen für meine psychischen Beschwerden«, Hervorh. v.<br />

Verf.) <strong>und</strong> schließlich in der Vermischung zweier Aussagen (Items 6, 8: z. B. »Ich leide an<br />

psychischen Beschwerden <strong>und</strong> lasse mich deswegen hier behandeln«). Es können entsprechend<br />

einige Empfehlungen abgeleitet werden, um – je nach Zielsetzung – die OSSTI zu<br />

verbessern oder einen neuen Einsichtsfragebogen zu konstruieren:<br />

(1.) Der Mehrdimensionalität gegenwärtiger Einsichtskonzepte (DAVID, 1990; AMADOR<br />

et al., 1993) sollte stärker Rechnung getragen werden. Obwohl sich bestimmte Dimensionen<br />

von Einsicht (z. B. Symptombewusstheit) nur schwer über ein universell einsetzbares<br />

Selbstbeurteilungsinstrument abbilden lassen, könnten zumindest die Dimensionen der<br />

<strong>Krankheitseinsicht</strong> <strong>und</strong> der subjektiven Behandlungsbedürftigkeit methodisch sauberer<br />

erfasst werden. Obwohl argumentiert werden kann, dass konzeptuell zwischen <strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

<strong>und</strong> Behandlungseinstellungen differenziert werden sollte, sind letztere in der<br />

Einsichtsforschung <strong>und</strong> in der klinischen Praxis zu wichtig, um nicht zumindest über eine<br />

kurze Subskala gemessen zu werden. Bei der Entwicklung sollte stärker auf die Faktorreinheit<br />

der Items geachtet, Doppel-Aussagen entsprechend vermieden werden (Orthogonalität<br />

ist allerdings weder ein realistisches noch ein theoretisch sinnvolles Ziel).<br />

Wichtig ist hierbei eine ausgewogene Anzahl der Items der Subskalen. Dies war von<br />

KRUPA (2005) zwar beabsichtigt worden, allerdings konnte die postulierte Struktur in<br />

Studie 3 empirisch nicht bestätigt werden. Adhärenz-Aussagen sind klar überrepräsentiert.<br />

Obwohl nach dem Kaiser-Kriterium zwei Komponenten extrahiert werden (Behandlungseinstellungen<br />

<strong>und</strong> <strong>Krankheitseinsicht</strong>), kann die zweite Komponente mit nur zwei Ladungen<br />

(bzw. drei unter dem Einfluss zweier Extremwerte) nicht als stabil betrachtet werden.

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