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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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313<br />

Diskussion<br />

Funktionsbereiche (schnelles Trial-by-trial-Lernen durch positive Verstärkung; Einsatz<br />

angemessener Problemlöseheuristiken) schwierig gestalten. Generell erscheint hier erstens<br />

der Einsatz von Tests affektiv-motivationaler Einflüsse auf die Entscheidungsbildung<br />

lohnenswert (z. B. Verlustaversion: TRÉMEAU et al., 2008; Iowa Gambling Task: YIP et al.,<br />

2009), zweitens die Nutzung einfacher computerbasierter Problemlöseaufgaben, um den<br />

spezifischen Problemen der Lerner auf den Gr<strong>und</strong> zu gehen.<br />

Gerade dieser zweite Punkt dürfte sich schwierig gestalten, da praktisch alle Problemlöseaufgaben<br />

die Intaktheit der neurokognitiven Ebene voraussetzen (z. B. Turm von<br />

Hanoi: vgl. NUECHTERLEIN et al., 2004). Ein mögliches Vorgehen illustriert der MicroDYN-<br />

Ansatz von FUNKE (in Druck), mit dem mentale Modelle kausaler Beziehungen zwischen<br />

exogenen <strong>und</strong> endogenen Variablen erhoben werden können, nachdem der Proband ein<br />

System (z. B. Chemielabor) exploriert hat. Über Variationen derartiger Prozeduren zur<br />

katalytischen Kompensation von Arbeitsgedächtnisdefiziten kann nachgedacht werden.<br />

Zweitens sollten künftige Studien weitere systematische, theoriegeleitete Variationen<br />

sowohl mit dem statischen als auch mit dem <strong>dynamisch</strong>en Wisconsin Card Sorting Test<br />

vornehmen. Hier kann das konzeptuelle Schema zur Analyse der Testperformanz von<br />

CARLSON <strong>und</strong> WIEDL (2000) helfen, das Vorgehen zu strukturieren:<br />

Auf der Ebene der Aufgabencharakteristika könnte das Stimulusmaterial des WCST in<br />

einer Weise modifiziert werden, die den Anteil des benötigten linguistisch-konzeptuellen<br />

Wissens variiert. Hier ist als Beispiel der rezente Bef<strong>und</strong> von KANTROWITZ et al. (2009) mit<br />

dem Rockland Face Sorting Test (RFST) zu nennen – schon die Substitution der abstrakten<br />

WCST-Formen durch lächelnde Gesichter (Sortierung nach Geschlecht, Alter, Haarfarbe)<br />

hatte die Leistung erhöht. Eine Variante, die das linguistische Wissen hingegen stark<br />

fordert, war von DELIS et al. (1992) als California Card Sorting Test (CCST) eingeführt<br />

worden, bei dem Wort-Karten nach semantischen Kategorien sortiert werden müssen.<br />

Auf der Ebene der personalen Faktoren, auf die ja auch schon oben durch die Forderung<br />

nach prozessreineren neurokognitiven Tests abgezielt wurde, könnte auch mit Hilfe des<br />

WCST-Stimulusmaterials selbst versucht werden, Einsicht in beeinträchtigte Strukturen<br />

<strong>und</strong> Prozesse zu nehmen. In diese Richtung geht z. B. die Arbeit von CINAN <strong>und</strong> TANÖR<br />

(2002), die versucht haben, durch eindimensionale Zielkarten <strong>und</strong> Sortier-Urnen alle<br />

irrelevanten Stimuli aus der Testsituation herauszunehmen. Eine inkrementelle stimulusformende<br />

Vorgehensweise wäre v. a. interessant zur Bestimmung der für Nichtlerner<br />

kritischen Charakteristika der Aufgabe <strong>und</strong> würde so Rückschlüsse auf performanzlimitierende<br />

personale Faktoren erlauben. Einschränkend muss hinzugefügt werden, dass<br />

Studie 2 gezeigt hat, dass echte Nichtlerner nach Herausnahme der Aufwärts-Grenzfälle ein<br />

seltenes Ereignis darstellen (ca. 12 %), so dass eine gezielte Rekrutierungsstrategie sich z. B.<br />

auf psychiatrische Wohneinrichtungen konzentrieren müsste.<br />

Auf der Ebene der diagnostischen Ansätze ließen sich durch Modifikationen <strong>und</strong> Erweiterungen<br />

des WCSTdyn kognitive Defizite aus prosthetischen <strong>und</strong> katalytischen Kompensationseffekten<br />

erschließen. Erstens könnte hier z. B. die ursprüngliche Strategie von<br />

GOLDBERG et al. (1987) wieder aufgenommen werden, das WCST-Training stärker in<br />

sequenziell dargebotene didaktisch instruierende <strong>und</strong> praktisch übende Module zu<br />

unterteilen [z. B. Test Training 1 Test Training 2 Test]. Zwar hatten GOLDBERG et<br />

al. (1987), wie berichtet, nur Effekte der Card-by-card-Instruktion gef<strong>und</strong>en, aber auch eine<br />

stark chronifizierte Stichprobe betrachtet. Möglicherweise würden in einer (für die<br />

Patientenpopulation im Akutbereich) repräsentativeren Stichprobe »kristalline« Lerner<br />

gef<strong>und</strong>en, die bereits von der Explikation von Stimulusdimensionen, Kategorienwechseln<br />

<strong>und</strong> Strategie deutlich profitieren würden, während andere, »fluide« Lerner zusätzliche

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