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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

Fehlattribution von Symptomen ging hingegen einher mit signifikant geringeren bilateralen<br />

Volumina von Regionen des oberen Frontallappens (r = .73).<br />

SHAD, MUDDASANI <strong>und</strong> KESHAVAN (2006) betrachteten gezielt Symptombewusstheit <strong>und</strong><br />

-attribution (SUMD) <strong>und</strong> dorsolaterale <strong>und</strong> orbitofrontale Gehirnvolumina (MRT) von 14<br />

ersterkrankten, unmedizierten Patienten mit Schizophrenie. Während Symptombewusstheit,<br />

anders als bei FLASHMAN et al. (2001), mit dem Volumen des rechten DLPFC (rS = .72,<br />

p < .01) korrelierte, hing Symptomattribution negativ mit dem Volumen des rechten<br />

medialen orbitofrontalen Kortex (OFC) zusammen. Linksseitige DLPFC- bzw. OFC-Areale<br />

spielten hingegen keine Rolle. Diese besondere Bedeutung rechtshemisphärischer Regionen<br />

wurde auch für die mangelnde Bewusstheit einer Hemiplegie (z. B. nach Schlaganfall)<br />

gef<strong>und</strong>en (z. B. PIA, NEPPI-MODONA, RICCI & BERTI, 2004) <strong>und</strong> passt daher zum Anosognosie-Modell.<br />

Die inverse Beziehung zwischen OFC-Volumen <strong>und</strong> Symptomattribution wird<br />

von SHAD et al. (2006) im Rahmen der Hypothese der entgleisten Salienzzuschreibung von<br />

KAPUR (2003) gedeutet.<br />

Die von FLASHMAN et al. (2001) <strong>und</strong> SHAD et al. (2006) gef<strong>und</strong>en Korrelationen mit dem<br />

DLPFC sind theoretisch interessant, weil dieser Bereich ein neurobiologisches Substrat des<br />

Arbeitsgedächtnisses <strong>und</strong> der <strong>Exekutivfunktionen</strong> bildet (z. B. STUSS et al., 2000), somit<br />

auch die Bearbeitung des Wisconsin Card Sorting Test vermittelt (DEMAKIS, 2003;<br />

BUCHSBAUM et al., 2005) <strong>und</strong> bei Schizophrenie Funktionsstörungen aufweist (WEINBER-<br />

GER, BERMAN & ZEC, 1986; WEINBERGER, BERMAN & ILLOWSKY, 1988; MINZENBERG et al.,<br />

2009). Der DLPFC integriert darüber hinaus Afferenzen von okzipitalen, parietalen <strong>und</strong><br />

temporalen sensorischen Projektions- <strong>und</strong> Assoziationsarealen <strong>und</strong> bildet so nach<br />

VOGELEY, KURTHEN, FALKAI <strong>und</strong> MAIER (1999) die Gr<strong>und</strong>lage der Konstruktion eines<br />

kohärenten Weltmodells.<br />

Er scheint zudem Teil eines Netzwerks zur Verarbeitung selbst-referentieller Information<br />

zu sein: KIRCHER et al. (2000) fanden in einer fMRT-Studie, dass der DLPFC durch die<br />

Rekognition des eigenen Gesichts, nicht aber durch die Präsentation fremder Gesichter<br />

aktiviert wird. Hierzu passend fanden JOHNSON et al. (2002) ebenfalls mit fMRT, dass<br />

Selbsteinschätzungen nach Art eines Persönlichkeitsfragebogens (z. B. »I get angry<br />

easily«) das posteriore Cingulum (PCC: BA 23, 30, 31), das mit dem DLPFC reziprok<br />

vernetzt ist, <strong>und</strong> Teile des DLPFC (BA 9, 10) über eine Kontrollaufgabe hinaus aktivieren.<br />

In jüngster Zeit werden neben dem PCC auch andere sog. Cortical Midline Structures<br />

(CMS: medialer präfrontaler Kortex, MPFC; anteriores Cingulum, ACC) als neurobiologisches<br />

Substrat selbstreferenzieller Verarbeitungsprozesse in den Blick genommen. So<br />

konnte u. a. gezeigt werden, dass CM-Strukturen differentiell reale (vs. imaginierte) <strong>und</strong><br />

aktuelle (vs. vergangene) selbstrelevante Information codieren (SUMMERFIELD, HASSABIS &<br />

MAGUIRE, 2009; D’ARGEMBEAU et al., 2008). Es konnte zudem ein Zusammenhang<br />

zwischen CMS-Hypoaktivierung <strong>und</strong> Anosognosie bei Personen mit Diagnose einer Mild<br />

Cognitive Impairment (CMS) gef<strong>und</strong>en werden (RIES et al., 2007).<br />

In einer rezenten Metaanalyse an fMRT- <strong>und</strong> PET-Daten aus 20 Studien konnten VAN<br />

DER MEER, COSTAFREDA, ALEMAN <strong>und</strong> DAVID (2009) in der Tat zeigen, dass MPFC <strong>und</strong> ACC<br />

sowie partiell DLPFC bei Selbstreflexionsaufgaben (vs. Kontrollaufgaben) aktiviert werden.<br />

Ihr CMS-Modell weist dem ACC die Heraufregulation der Aufmerksamkeit für die<br />

Verarbeitung personaler Merkmale zu (s. CNTRICS Dynamische Anpassung der Kontrolle<br />

in Tabelle 2), dem PCC den Zugriff auf autobiographische Gedächtnisinhalte (zwecks<br />

Abgleich), dem VMPFC eine emotionale Markierung (Austausch u. a. mit Amygdala), der<br />

Insula eine somatische Markierung <strong>und</strong> dem DMPFC eine abschließende Bewertung der<br />

Selbstrelevanz von Stimuli. Die Beteiligung des DLPFC ist demnach nicht spezifisch für

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