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Krankheitseinsicht, dynamisch getestete Exekutivfunktionen und ...

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<strong>Krankheitseinsicht</strong><br />

von Hinweisen), gefolgt vom Turm-von-Hanoi (TvH) mit bis zu fünf Scheiben, einer<br />

Stroop-Variante mit dauerndem Wechsel zwischen Wortbedeutung <strong>und</strong> -farbe <strong>und</strong> einer<br />

Wortflüssigkeitsaufgabe mit Kategorienwechseln (rS = -.30 bis -.44). In multiplen Regressionen<br />

klärten TvH <strong>und</strong> Stroop über Symptomatik hinaus 11 bis 18 % der Einsichtsvarianz<br />

auf. Bewusstheit sozialer Konsequenzen hing mit keiner kognitiven Funktion zusammen.<br />

JOVANOVSKI, ZAKZANIS, YOUNG <strong>und</strong> CAMPBELL (2007) testeten ebenfalls nicht-stationäre,<br />

chronifizierte Patienten (N = 21) mit der BADS-Batterie (Behavioural Assessment of the<br />

Dysexecutive Syndrome: WILSON et al., 1998) <strong>und</strong> der SUMD. Hier korrelierte von sechs<br />

Subtests nur das Befolgen <strong>und</strong> Wechseln einfacher Regeln (Rule shift cards) hoch mit<br />

Erkrankungs- <strong>und</strong> Konsequenzbewusstheit, <strong>und</strong> dies auch noch nach IQ-Kontrolle (r = -.43<br />

bzw. .49, p ≤ .06). Bewusstheit der Behandlungsnotwendigkeit korrelierte mit keiner<br />

kognitiven Funktion.<br />

RAFFARD et al. (2009) untersuchten 60 nicht-stationäre Patienten mit SUMD <strong>und</strong> Subtests<br />

der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP: ZIMMERMANN & FIMM, 2002). Es<br />

zeigte sich, dass die Fähigkeit, Inhalte des Arbeitsgedächtnisses schnell <strong>und</strong> fehlerfrei zu<br />

aktualisieren (updating: n-back-Aufgaben), mit der Bewusstheit der Erkrankung, ihrer<br />

Konsequenzen <strong>und</strong> des Behandlungsbedarfs zusammenhing. Die Soziale-Konsequenz-<br />

Dimension korrelierte zudem mit Inhibition (Go/No-Go) <strong>und</strong> einer Doppelaufgabe.<br />

Die Ergebnisse von LYSAKER et al. (2006), JOVANOVSKI et al. (2007) <strong>und</strong> RAFFARD et al.<br />

(2009), erzielt an ähnlichen Patientengruppen mit der SUMD, aber mit unterschiedlichen<br />

Testsystemen, fallen uneinheitlich aus, v. a. was die Bewusstheit von Erkrankungskonsequenzen<br />

<strong>und</strong> Behandlungsnotwendigkeit betrifft. In allen Studien aber leisten exekutive<br />

Arbeitsgedächtnisfunktionen, die die kontext-abhängige Aktualisierung von <strong>und</strong> den<br />

flexiblen Wechsel zwischen verschiedenen Inhalten möglich machen, einen Beitrag zu<br />

realistischen krankheitsbezogenen Selbsteinschätzungen.<br />

Eine mit der Exekutiven-Funktions-Hypothese der Einsicht konkurrierende – oder sie<br />

zumindest ergänzende – Annahme vermutet in den bei Schizophrenie prävalierenden<br />

Beeinträchtigungen des sek<strong>und</strong>ären verbalen Gedächtnisses (ALEMAN et al., 1999) die<br />

kognitive Gr<strong>und</strong>lage der Einsicht. Diese vor allem von SARTORY et al. (2001) vorgebrachte<br />

Gedächtnis-Hypothese der Uneinsichtigkeit besagt, dass »… a memory template of<br />

previous states must be available for a comparison of the current state and therefore the<br />

insight of illness« (S. 59). Ein alternatives Modell zur Rolle des Gedächtnisses stammt von<br />

MACPHERSON et al. (1996b) <strong>und</strong> betont die Bedeutung der Aneignung erkrankungsspezifischer<br />

Wissensstrukturen (d. h. des psychiatrischen Krankheitsmodells), für die die verbale<br />

Lernfähigkeit einen kritischen Faktor darstellen soll.<br />

Passend zur Gedächtnis-Hypothese der Einsicht fanden SARTORY et al. (2001), dass ein<br />

Gedächtnis-Score (nach WECHSLER, 1987), nicht aber der Modified Card Sorting Test<br />

(MCST) als Maß exekutiver Funktionen mit Symptombewusstheit korrelierte (r = -.48,<br />

p < .01, N = 52). Bei genauerer Betrachtung erlauben die Daten dennoch keinen Schluss auf<br />

eine besondere Rolle des Gedächtnisses an der Symptombewusstheit: Erstens konnte der<br />

Bef<strong>und</strong> in einer zweiten Stichprobe nicht repliziert werden. Zweitens korrelierte der<br />

Desorganisations-Faktor der PANSS hoch mit diesem Einsichtsaspekt (r = .47, p < .01).<br />

Drittens wurde bereits auf die geringere Schwierigkeit <strong>und</strong> möglicherweise veränderte<br />

Konstruktvalidität des MCST hingewiesen (DE ZUBICARAY & ASHTON, 1996; DEMAKIS, 2003).<br />

Und viertens ist anzunehmen, dass beobachtete komplexe exekutive <strong>und</strong> mnestische<br />

Leistungen (teilweise) auf die gleichen latenten Merkmale – etwa die Güte der Encodierung<br />

im Arbeitsgedächtnis oder die Nutzung semantischer Kategorien – zurückzuführen sind

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