Alterthumskunde. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

Inventarien von Wildenbruch. 11
die damalige Zeit entschieden den Vorzug der Schönheit;
prächtig hat gewiß der Comthur ausgesehen, wenn er sich mit
seinem Festkleide schmückte, dem „damasten Atlasrock mit Sammit
vorbremet und Marderkehlcn gefüttert, an den Ermeln
mit silbernen Schnüren", dazu „ein Paar leibfarbene Hosen
mit Sammit vorbremet." Um den Hals legte er dann wohl
„die güldene Ketten mit des Herzogen von Preußen Conterfei",
welche 153 Glieder hatte und für den „Perlenkranz" und das
„silberne Kreuz" kaum noch Raum übrig ließ. Wir würden
dieser Pracht unsern vollen Beifall geben, wenn nicht dem
Reichthum der Kleiderstoffe und Schmucksachen ein bedenklicher
Mangel an Leibwäsche gegenüber stünde, denn trotz genauer
Zählung besaß der Comthur noch nicht ein halbes Dutzend
Hemden, davon ist eins noch dazu ein wollenes, vertritt also
mehr eine heutige Flanelljacke. Nicht größer ist der Vorrath
an Taschentüchern, da die 15 „Facinetlein", die man gern
dafür nehmen wollte, durch eine berichtigende Anmerkung
zu Tellertüchern ungestempelt werden; am schlimmsten aber
sieht es mit den Strümpfen aus, „1 Paar gestrickte Strumpe"
ist Alles, was verzeichnet werden kann, denn dieser heut so
nothwendige Wäscheartikel war damals noch wenig im Gebrauch,
man bekleidete den Fuß mit zusammengenähten Zeugstücken.
Dagegen ist erfreulicher Weise sehr viel Tisch- und
Bettzeug vorhanden und noch größer sind, der Gewohnheit
der Zeit gemäß, die Mengen unverarbeiteter Leinwand, die
aus allen Gemächern zum Vorschein kommen.
Für Speis und Trank war ebenfalls aufs reichlichste gesorgt:
190 Speckseiten, 7^/2 Schock Würste, 85 „Spieß" von
allerlei Fleischvorrath, 161 Tonnen Bier und an 2 Fuder
verschiedenen Weines lassen die Furcht uicht aufkommen, daß
die Ordensleute hätten Mangel leiden müssen. Die Tonnen
Butter und Käse sind dabei noch nicht gerechnet, viel weniger
das lebende Inventar der fetten Schweine und Kälber, auch
war Malz und Korn genug vorhanden, um im „Backhaufe",
oder im „Helm uf dein Kirchoffe, da mahn Wasser in brendt",
neuen Stoff für durstige Kehlen zu bereiten.