Alterthumskunde. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

Herzogs Vogislau X. in den Orient. 249
diesen letzteren Weg zu wählen, als er das Ende der nördlichen
Straße durch die Piratenflotte versperrt fand und sich zur Umkehr
entschloß. Nnr eines kann bei der pommerschen Darstellung
Bedenken erregen: das Corsarengcschwader soll ihr zufolge
angesichts der Galere „unter des Türken Lande hervorgekommen"
sein ; diese Angabe aber paßt wohl auf die nördliche,
doch nicht auf die südliche Straße, denn sowohl Eerigo wie
Candien waren damals Venetianergcbiet und von keiner Stelle
zwischen den Inseln ist Türkenland Zn entdecken, — es müßte
denn das ferne Cap Mataftan sein. ^) Doch mag hier auf
Seiten des herzoglichen Geheimschreibers oder wer sonst den
Bericht schrieb, welcher der Dalmersche heißt, ein geographischer
oder politischer Irrthum begangen sein, den die mittelalterlichen
Verhältnisse unschwer entschuldigen und der auch im
übrigen nicht ins Gewicht fällt. Bei dem kindlichen Zustand,
in welchem sich selbst noch im vorigen Jahrhundert das gesammte
Kartenwesen befand, ist sogar nicht zn erwarten, daß
an Bord der Galere überhaupt ein anderes geographisches
Hülfsmittel zn finden gewesen sei, als etwa jener Portolano
von 149l), welchen auch wir, und nur mit äußerst geringem
Erfolge, zur Kenntniß der fraglichen Küsten und Küstenorte
benutzt haben, — eine trockene, von keiner Zeichnung begleitete
Aufzählung der die Häfen und Vorgebirge trennenden Entfernungen
nebst Anzeige der einzuschlagenden Richtungen.^)
Allerdings könnte auch die Angabe Dalmers Anstand und Zweifel
erregen, daß der nach ihm an der Küste von Candien gelegene
Hafen, in den die Galere am Abend des Schlachttages geschleppt
wurde, der von Casa di Sant'Angelo geheißen habe, denn
26?) Nach dem neuesten Orientführcr von Isambert sind von Cap
Malio ans die Berge von Candien sichtbar, etwa die gleiche Entfer-
mmg wie die eben erwähnte.
^) Anch zn strategischen Zwecken war der Gebranch von Plänen
damals, nnd noch viel spater, ganz unbekannt. Wenigstens behauptet
der Schreiber des Marschalls de Vieillcville, der die Denkwürdigkeiten
seines Herrn schrieb, daß dieser der erste Feldherr gewesen sei, der sich
— im Jahre 1552 — solcher Mittel bedient habe.