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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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3. Hermeneutik: Hervorbringen und Verstehen von Sinn im<br />

Kontext<br />

<strong>Theologie</strong>n kann man ganz allgemein als mehr oder weniger systematisierte<br />

Diskurse bezeichnen, die religiöse Praktiken in bezug auf „Gott“ und<br />

„Welt“ deuten und zugleich gestalten. Dies entspricht einer Auffassung des<br />

<strong>Theologie</strong>treibens als einer kontextorientiert und (mehr oder weniger)<br />

systematisch verfahrenden Rechenschaft über den Glauben. <strong>Theologie</strong>n<br />

sind deskriptiv und normativ zugleich. Entscheidend für beide Funktionen<br />

ist, dass es den jeweiligen Theologen gelingt, die Bedeutung ihrer Aussagen<br />

für bestimmte Akteure relevant zu machen. Diese Akteure leben in kulturellen<br />

Kontexten. Also muss die <strong>Theologie</strong> einen expliziten oder impliziten<br />

– immer aber relevanten – Sinnzusammenhang zwischen allgemein kultureller<br />

und spezifisch religiöser <strong>Praxis</strong> herstellen.<br />

Diese Beobachtung ist noch nicht spezifisch praxeologisch. Es reicht<br />

dafür aus anzunehmen, dass theologische Symbolik etwas Relevantes<br />

repräsentiert. Zwar ist der Begriff einer repräsentierenden Symbolik problematisch.<br />

Aber man kann sich – wie europäische Hermeneutik oder USamerikanische<br />

Pragmatik sowie die Semiotik dies tun – über die Analyse<br />

von Zeichensystemen und mit den Mitteln einer Hermeneutik der Symbole<br />

und Metaphern an erste Überlegungen zur Kontextrelevanz von <strong>Theologie</strong><br />

machen. In diesem Falle bekommt man ein hoch entwickeltes Instrumentarium<br />

zum Verstehen der textlichen bzw. diskursiven Komponenten von<br />

<strong>Theologie</strong> an die Hand. Oder man kann den sinnerzeugenden Zusammenhang<br />

– wie es traditionelle Befreiungstheologien tun – von einer makrosoziologischen<br />

Analyse der Herrschaftsbedingungen aus mit den Mitteln der<br />

Ideologiekritik angehen. Dann gewinnt man eher allgemeine Kenntnisse<br />

über Makrokontexte und gesellschaftliche Funktionen von <strong>Theologie</strong>.<br />

Praxeologie schließt beide Hinsichten nicht nur ein, sondern verbindet sie<br />

miteinander in einer Theorie der Akteure, die die Hervorbringung objektiven<br />

und subjektiven sozialen Sinns umfasst. Sie führt damit beide Ansätze<br />

erheblich weiter.<br />

Das Spezifikum einer praxeologischen Annäherung ist es, die „tätige<br />

Seite“ der <strong>Theologie</strong> – wie man in Anlehnung an Marx‘ erste Feuerbachthese<br />

sagen könnte – im Blick zu haben. Das heißt, theologischen Sinn<br />

nicht objektivistisch als Ding, als fertiges System, zu behandeln; aber seine<br />

Produktion auch nicht subjektivistisch einfach als die spontane Tat von<br />

kontextunabhängigen, freien Subjekten zu feiern.<br />

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