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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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ereignen. Die sinnerzeugende Arbeit von Symbol und Metapher ist von<br />

selbst schon in praktische Zusammenhänge und an wirkliches, leibliches<br />

Leben gebunden. Das ist an der Umkehrung leicht zu erkennen: Man kann<br />

Menschen einen Schmerz besonderer Art zufügen und sie demütigen,<br />

„wenn man ihnen mit Gewalt die besonderen Strukturen der Sprache und<br />

Überzeugung zerstört, in der sie sozialisiert wurden“ (Rorty: Kontingenz<br />

287). Denn Sprache und Überzeugungen erzeugen einen Sinn, der das<br />

gesamte Dasein übergreift.<br />

Ein übergreifender Sinn entsteht aus der Arbeit der praktischen Logik<br />

zwischen den Feldern mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln. Ein<br />

solcher Sinn ist gleichzeitig interpretativ und praktisch. Er ist spezifisch zur<br />

Position der Akteure im gesellschaftlichen Raum und übergreift zugleich<br />

alle (oder wenigstens die meisten) für diese Akteure relevanten <strong>Praxis</strong>felder.<br />

Die Interpretationsleistung liegt darin, dass der „Sinn“ die Erfahrungen<br />

der jeweiligen Akteure gleichzeitig kognitiv, affektiv und auch<br />

leiblich zu einem mehr oder weniger stimmigen Ganzen integriert. Die<br />

praktische Leistung liegt darin, dass diese Integration nicht eine bloß<br />

kontemplative oder kognitive Bewusstseinslage ist, sondern in ihr der<br />

praktische Sinn der Akteure wirksam ist als ein Sinn für die angemessenen<br />

Praktiken, Wahrnehmungsweisen und Urteile in den verschiedenen <strong>Praxis</strong>feldern<br />

und gemäß ihrer sozialen Position insgesamt; als die Fähigkeit, zum<br />

richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun und sich angemessen zu den Menschen<br />

und Dingen zu verstehen und zu verhalten, die einen umgeben. Der<br />

übergreifende, zugleich interpretative und praktische Sinn generiert somit<br />

zugleich Interpretation und Bewältigung von Welt, und zwar aufgrund<br />

seiner Einbindung in die fortwährenden Operationen der praktischen<br />

Logik in und zwischen den verschiedensten <strong>Praxis</strong>feldern.<br />

Wenn man annimmt, dass dieser übergreifende Sinn konstant generiert<br />

wird, kann man nicht davon ausgehen, dass es ihn „gibt“ wie ein Objekt.<br />

Jede beschreibende Annäherung muss deshalb strikt als Modell aufgefasst<br />

werden. Unter dieser Voraussetzung kann man übergreifende Sinnentwürfe<br />

etwa einer bestimmten gesellschaftlichen Position oder auch einer<br />

Kultur mit Hilfe einer Analyse praktischer Operatoren namhaft machen.<br />

Man bestimmt dazu den wichtigsten und allgemeinsten Operator, ähnlich<br />

wie es etwa von Victor Turner mit seinem Konzept der root metaphor vorgeschlagen<br />

wird. Diese zentralen Operatoren wirken auf einer großen<br />

Anzahl von <strong>Praxis</strong>feldern gleichzeitig (u.U. in je verschiedener Weise) und<br />

verbinden somit die Felder untereinander. Sie wirken für die Akteure als<br />

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