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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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es nicht besonders schwerfallen, Situationen von Konkurrenz aufzuzeigen,<br />

in denen die Positionsdifferenz als Herrschaftsrelation wirksam wird.<br />

Derlei unterschiedliche Feldpositionen wirken selbstredend bis in die<br />

Formierung der entsprechenden Habitus hinein ebenso wie in die theologische<br />

Produktion, sei es an staatlichen Fakultäten oder an freikirchlichen<br />

Bibelschulen. Positionsunterschiede und Herrschaftsbeziehungen sind,<br />

wenn auch häufig implizit, im Ansatz praxeologischer Theorie schon über<br />

die Korrespondenz zwischen Feldern und Habitus von vorn herein mit<br />

einbezogen.<br />

In jedem Feld und jeder Position regiert überdies ein stummer Konsens<br />

über die Verkehrsformen und das für wahr Gehaltene, die „Doxa“.<br />

Dabei handelt es sich nicht um eine bestimmte Lehre, sondern um die<br />

„stumme Erfahrung der Welt als einer selbstverständlichen“ (Bourdieu:<br />

Sinn 126), wozu wiederum eine bestimmte, dem Feld und der Position<br />

entsprechende Strukturierung der Dispositionen des Habitus notwendig<br />

ist. Es gibt Aufnahmebedingungen für Akteure, um in einem Feld mitspielen<br />

zu dürfen. Nach Bourdieu sind dies erstens der „Glaube“ 164 , der<br />

Akt der Anerkennung der gültigen Doxa eines Feldes (durch Geburt oder<br />

„zweite Geburt“); und zweitens die sichtbare Investition in die Bildung<br />

symbolischen Kapitals und daraus folgendes Anerkanntsein in diesem<br />

Feld. Dasselbe gilt für unterschiedliche Positionen innerhalb eines bestimmten<br />

Feldes.<br />

Um beim letzten Beispiel zu bleiben: Mitglieder von Freikirchen sind<br />

Akteure im deutschen religiösen Feld. Wollen sie aber in eine stärkere<br />

Position aufrücken, zum Beispiel in die eines landeskirchlichen Pastors mit<br />

Aufstiegschancen zur Kirchenleitung, müssen sie die Mühen einer „zweiten<br />

Geburt“ durchlaufen: Katechese, förmliche Konversion und ein gänzlich<br />

neues, der Doxa der landeskirchlichen Position entsprechendes Studium.<br />

Und noch dazu müssen sie für ihre Anerkennung als wirklich der<br />

Position zugehörige Akteure aktiv werben. Derlei Prozesse – die wie<br />

Initiationen strukturiert sind – dauern entweder geraume Zeit oder sind in<br />

psychologischer Hinsicht radikal. Denn es geht um die Umformung des<br />

Habitus. Nur wenn die inkorporierten Dispositionen an die Doxa des<br />

Feldes und an die Position weitgehend angepasst sind, kann erwartet werden,<br />

dass der Akteur von selbst das tut, „was getan werden muss“, und dies<br />

164 Vgl. Bourdieu: Sinn 123 ff. Dieser soziologische Glaubensbegriff sollte in der theologischen<br />

Untersuchung durch den Begriff der „Anerkennung“ ersetzt werden, um Verwechslungen<br />

mit dem theologischen Glaubensbegriff zu vermeiden.<br />

199

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