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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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nichts Anderes, als dass die Wahrheit im sinnerzeugenden Prozess zwischen Prediger<br />

und Hörern entsteht. Wer predigt, hat sich hoffentlich mit dem Kontext seiner<br />

Hörer, mit seinen eigenen habituellen Überzeugungen, der Schrift und der Predigtsituation<br />

auseinandergesetzt. Ob er oder sie aber in der Predigt etwas theologisch<br />

Wahres sagen, also Wort Gottes, wird im hermeneutischen Prozess zwischen<br />

Predigern und Hörern entschieden. Theologische Wahrheit ist nicht kodifiziert.<br />

Sie ereignet sich in der Relation zwischen Sprecherin und Hörern, und zwar für beide<br />

unverfügbar. Darum ist sie Frucht der Präsenz des Heiligen Geistes, weilt extra nos<br />

und ist Wort Gottes; darum kommt der Glaube, wie Paulus sagt, „aus dem Hören“.<br />

Wenn dies so ist, stellt sich das Kriterienproblem eben nicht kontextfrei, wie<br />

Stackhouse es präsentiert, sondern im Kontext des Dialogs und des Streites.<br />

Wenn es um Dialog geht, werden die Probleme des objektivistischen Ansatzes<br />

besonders deutlich. Bei Stackhouse ist Verstehen des Anderen ein Wiedererkennen<br />

es Eigenen: „Apologia“ beinhaltet die Bereitschaft „to enter into the thought<br />

forms“ der Anderen sowie die, „to hear and evaluate on their merits any alternative<br />

perspectives that are opposed to our own“; dies gemeinsam mit der Bereitschaft,<br />

jene als falsch zurückzuweisen. Solche Operationen unterliegen bei Stackhouse<br />

aber der Voraussetzung, dass Wahrheit als ein festes Sinngefüge bekannt ist<br />

und der Erkenntnisprozess darin besteht, „to recognize it (die Wahrheit, HS) in<br />

views held by others“ (9). Setzt man nun voraus, dass jedes Denken durch seine<br />

kulturellen Voraussetzungen geprägt ist, so kann es a) nicht genügen, sich in die<br />

Gedanken-Formen der Anderen hineinzuversetzen, sondern es gilt, den Sinn der<br />

Denkweisen im Kontext zu erkennen, sie als Elemente einer praktischen Logik<br />

wahrzunehmen; und b) ist es nötig, der eigenen Kontextualität im Dialog Rechnung<br />

zu tragen. Ich will nicht in Abrede stellen, dass Stackhouse einen ehrlichen,<br />

offenen und fairen interkulturellen Dialog intendiert. Nur, sein theologischer<br />

Denkansatz steht ihm dabei im Wege.<br />

Das ist mit Händen zu greifen, wenn er südlichen Kritikern des okzidentalen<br />

Logozentrismus einfach andere Stimmen aus der Dritten Welt entgegenhält,<br />

welche „are not opposed to reasonable discourse, appeals to universal principles<br />

of justice, careful thought, or common canons of logic in regard to basic criteria“.<br />

(Stackhouse: Apologia 12 f.) – so als wenn „reasonable discouse“ und „careful<br />

thought“ nur im Rahmen westlicher Logiktraditionen möglich seien und als wenn<br />

dieser Rahmen der einzig gültige sei, um wahre und der Gerechtigkeit entsprechende<br />

theologische Aussagen zu machen.<br />

Probleme für das interkulturelle Verstehen werden schließlich auch deutlich, wenn<br />

Stackhouse den Begriff der Kontextualisierung im Sinne des alten, funktionalisti-<br />

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