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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Diese vernetzten Dispositionen wirken als Operatoren in <strong>Praxis</strong>feldern.<br />

Für den praxeologischen Ansatz ist es von zentraler Bedeutung, dass diese<br />

Netze nicht – im Sinne des Objektivismus – als abstrakte Zeichensysteme<br />

aufgefasst werden, sondern eben als eine Gesamtheit von strukturierten<br />

Operatoren, mit Hilfe derer Menschen wahrnehmen, denken und handeln.<br />

Und dies geschieht in <strong>Praxis</strong>feldern. Praktische Logiken entsprechen<br />

folglich bestimmten Feldern menschlicher <strong>Praxis</strong>. In diesem Sinne kann<br />

man verschiedenen Feldern unterschiedliche praktische Logiken zuschreiben.<br />

Das wirtschaftliche, das politische, das familiäre Feld, das Feld der<br />

Mode, der Popmusik, des Straßenverkehrs, der Liturgik, der Seelsorge etc.<br />

– jedes hat auf diese Weise seine spezifische Logik (die immer auch Übereinstimmungen<br />

mit der Logik anderer Felder aufweist). Diese Logiken sind<br />

in den Funktionsweisen gesellschaftlicher Institutionen ebenso am Werk<br />

wie in den Dispositionen von Individuen.<br />

Um sich eine Modellvorstellung von diesen Logiken zu machen, ist es<br />

nützlich davon auszugehen, dass jeder Bereich 116 (oder: jede Position) einer<br />

solchen feldspezifischen Logik durch eine Grundunterscheidung konstituiert<br />

wird. Diese strukturiert (mehr oder weniger) alle weiteren Unterscheidungen,<br />

die auf sie zurückgehen (je nach Nähe oder Distanz im<br />

Netz). Dabei ist es wichtig, eine Differenzieung im Auge zu behalten,<br />

wenngleich sie hier nicht ausgearbeitet werden kann: Eine Grundunterscheidung<br />

ist etwas Anderes als ein Unterschied. Unterscheidungen liegen<br />

(nach Luhmann: Gesellschaft 56) jeder Beobachtung zwangsläufig voraus.<br />

Ohne sie kommt Wahrnehmung und Klassifizierung überhaupt nicht<br />

zustande. Sie sind also implizit und werden (jetzt wieder nach Bourdieu)<br />

als Dispositionen des Habitus aus den praktischen Lebensbezügen der<br />

Akteure hervorgebracht. 117 Unterschiede hingegen werden explizit festgestellt.<br />

Sie unterliegen einer Vorstrukturierung durch implizite Unterscheidungen.<br />

In diesem Sinne können sie theoretisch von den Unterscheidungen<br />

unterschieden werden. Doch in den Operationen der praktischen<br />

Logik sind die Unterschiede ebenso wirksam; sie bringen weitere<br />

116 Man könnte auch „Teilsystem“ sagen, würde sich dann aber die abträgliche Assoziation<br />

eines geschlossenen Systems einhandeln.<br />

117 Dies sollte man im Auge behalten, denn sonst verfällt man in Diskussionen auf der<br />

Ebene von bloßen Zeichensystemen und fordert von der <strong>Theologie</strong> „dogmatische Arbeit“,<br />

ohne diese aber auf die Verwurzelung ihres Denkens im Boden der kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Tatsachen zu verweisen. Vgl. Welker: Axiome 36, aus einer von Luhmann her<br />

kommenden Position in der Diskussion um den von Dietrich Ritschl in die Diskussion<br />

gebrachten Begriff der „impliziten Axiome“ theologischen Denkens.<br />

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