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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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<strong>Theologie</strong> unter expliziter Berücksichtigung ihrer gesellschaftlichen<br />

Relevanz und der Legitimationsstrukturen der Moderne zu betreiben, ist<br />

das nicht ein allzu bereitwilliges aggiornamento? Sieht das nicht nach unkritischer<br />

Anpassung aus? Nun, die grundlegenden Affirmationen der<br />

zeitgenössischen Moderne, auf die wir uns hier eingelassen haben, sind die<br />

Multi-Perspektivität und Relativität von Positionen untereinander sowie<br />

deren Eingebundensein in gesellschaftliche Zusammenhänge. Was das<br />

Christentum angeht, dürften diese Affirmationen kein Problem sein.<br />

Zunächst bietet uns ja das Neue Testament selbst einen überaus multiperspektivischen<br />

Blick auf Jesus Christus, und die Kirchenväter haben sich<br />

dem Bestreben nach einer Harmonisierung der Evangelien erfolgreich<br />

widersetzt. Sodann wird der doketischen Versuchung in den Episteln<br />

durch die später verfassten Evangelien die Erinnerung an den sozialen<br />

Kontext und das gesellschaftliche Handeln des Christus Jesus entgegengesetzt.<br />

Dennoch, zugegeben, das veränderte Vokabular ist ein aggiornamento.<br />

Nur ist es nicht apologetisch und auch nicht eines der „billigen Gnade“<br />

(Bonhoeffer). Angepasst werden die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen<br />

und Instrumente der <strong>Theologie</strong>. Dadurch kommen die theologischen<br />

Gehalte in relevanter Weise zur Sprache. Die normative Quelle<br />

theologischer Rede ist weiterhin unangefochten die Schrift. Sie wird so<br />

aktuell wie möglich zur Sprache gebracht. Offenbarung fassen wir dabei als<br />

Unterbrechung auf, Unterbrechung des modernen Lebenszusammenhanges.<br />

Damit aber die zur Sprache gebrachte Schrift den modernen Lebenszusammenhang<br />

überhaupt unterbrechen kann, muss sie sinnvoll auf ihn<br />

bezogen sein. <strong>Theologie</strong> hat (um biblizistische oder konfessionalistische<br />

Beliebigkeit auszuschließen) also die Aufgabe, Schrift und moderne Kontexte<br />

signifikant aufeinander zu beziehen. Ob aus diesem Zur-Sprache-<br />

Bringen dann „Wort“ im starken theologischen Sinne und somit Offenbarung<br />

wird, ist bei einem praxeologischen Ansatz ganz genauso wenig<br />

garantiert wie bei jedem anderen. Darüber entscheidet allein der Geist.<br />

Aber welcher Geist? Nur der der Christen oder auch der der Muslime, der<br />

Hindus, der Buddhisten, der ethnischen Religionen? Welches können<br />

überhaupt Kriterien sein für die Präsenz des Geistes Gottes? Treffliche<br />

Fragen für eine pneumatologische Abhandlung, die alle theologische<br />

Berechtigung der Welt hätte! Nur, spätestens die Versuche der Verständigung<br />

jenseits der Grenzen einer Überzeugungsgemeinschaft zeigen: Der<br />

Intellekt führt nicht aus dem infiniten Regress hinaus. Und das ist gut so.<br />

Schon Genesis 3 lehrt, dass es klug ist, dem infiniten Regress menschlicher<br />

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