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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Perzeptionsschemata“ 73 eben doch in den Bedeutungen der Zeichen präsent sind,<br />

ohne diese jedoch in der Regel – die Onomatopoese einmal ausgeschlossen –<br />

„natürlich“, das heißt durch ihr „Lautbild“, zu motivieren.<br />

Dies entgeht auch einer strukturalistischen Analyse der Kultur, welche „Praktiken<br />

und Werke als symbolische Tatsachen, die es zu entschlüsseln gilt, und allgemeiner,<br />

mehr als fertige Werke denn als <strong>Praxis</strong>formen“ (Bourdieu: Entwurf 154)<br />

behandelt. Die Privilegierung der Relationen zwischen Zeichen als solchen lenkt den<br />

Blick, wie Bourdieu bemängelt, von den „praktischen Funktionen“ der Zeichen<br />

ab, welche keineswegs auf Kommunikation um der Kommunikation willen ausgerichtet<br />

sind. Es gilt vielmehr: „Feste und Zeremonien, rituelle Austauschbeziehungen<br />

oder, auf einer anderen Ebene, die Zirkulation wissenschaftlicher Informationen,<br />

sind stets auch in mehr oder weniger offener Form auf politische und ökonomische<br />

Funktionen hin ausgerichtet“ (Bourdieu: Entwurf 155). Beachtet man nicht<br />

die außersprachlichen Relationen und ihre Bedingungen in den symbolischen und<br />

politischen Kräfteverhältnissen zwischen den Kommunizierenden und ihren<br />

objektiven gesellschaftlichen Positionen, wird man, wie Bourdieu weiter ausführt,<br />

ein Zeichensystem nicht hinreichend gut verwenden können. Damit ist das Spannungsfeld<br />

für eine Arbeitsdefinition der Begriffe der Bedeutung und des Sinnes –<br />

die Bourdieu übrigens selbst an keiner Stelle vornimmt – abgesteckt.<br />

Die Begriffe des Sinns und der Bedeutung werden nicht selten so gegeneinander<br />

abgehoben, 74 dass „Sinn“ einmal die Extensionalität und ein andermal die Intensionalität<br />

des Zeichens meint und „Bedeutung“ das jeweils entgegengesetzte.<br />

„Bedeutung“ bezeichnet in der Tradition des französischen Strukturalismus im<br />

Allgemeinen die Innenrelation, während „Sinn“ (wenn der Begriff überhaupt<br />

verwendet wird) eher auf die das Zeichen umlagernden außersprachlichen Bereiche<br />

der Wirklichkeit angewandt wird. Anders Frege, der die Bedeutung der Worte<br />

„Abendstern“ und „Morgenstern“ in ihrer gemeinsamen Bezogenheit auf den<br />

Stern Venus, ein gegenständliches Objekt, sieht, den Sinn aber dem ausgesagten<br />

Inhalt der Begriffe (Abend- bzw. Morgenzeichen) zuordnet. (Frege: Sinn 42) Ricoeur<br />

schließt sich in seinen Überlegungen zu Hermeneutik und Strukturalismus dieser<br />

Grundentscheidung an 75 und definiert Bedeutung als die Bezogenheit der Sprache<br />

auf Außersprachliches. Bedeutung konstituiert die Sprache somit als ein „etwas<br />

über etwas sagen“. Der Sinn sei dagegen ein „bloßer Gedankengegenstand“<br />

(Ricoeur: Hermeneutik 111). Diese Entscheidung findet sich auch in Ricoeurs<br />

Symbolbegriff wieder, den er kennzeichnet durch „eine intentionale Struktur, die<br />

73 Nöth: Semiotik 104, unter Verweis auf Umberto Eco: A Theory of Semiotics. London:<br />

Macmillan, 1977, S. 194.<br />

74 Einen kleinen Überblick über die Vielfalt der Variationen gibt die Tabelle in Nöth:<br />

Semiotik 92; ansonsten vgl. die linguistischen und philosophischen Wörterbücher.<br />

75 ..., welche er nicht nur bei Freges Unterscheidung von Sinn und Bedeutung, sondern<br />

auch in Husserls Unterscheidung von Bedeutung und Erfüllung gegeben sieht (Ricoeur:<br />

Hermeneutik 111).<br />

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