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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Dispositionen bildet nicht die Sozialwelt ab; es ist keine „Repräsentation“<br />

im engeren Sinne. Es ist nur gemäß der Logik der Sozialwelt (oder Kultur,<br />

wie man will) strukturiert. Seine Schemata ermöglichen aus sich selbst<br />

heraus das Denken des Denkmöglichen, nicht aber des Undenkbaren. Die<br />

Beziehungen unter den verschiedenen Schemata entscheiden über die<br />

Stärke oder Schwäche einer Disposition für eine bestimmte Einschätzung<br />

von Ereignissen (etwa eine apokalyptische Sicht der Welt) oder ein bestimmtes<br />

Handeln. Sie festigen oder verflüchtigen sich gemäß erfahrenen<br />

Geboten und Verboten, Erfolgen und Niederlagen, Chancen und Grenzen.<br />

Auf diese Weise, nicht aber als Abbild, ist das Kulturelle und Soziale<br />

im Denken präsent: als implizite Fähigkeit einzuschätzen, um was es geht,<br />

was man einsetzen und wie weit man gehen kann.<br />

Diese Zusammenhänge sind für die theologische Produktion unmittelbar<br />

bedeutsam. Es ist unerlässlich, dass sich Theologen nach der<br />

sozialen Präformation des eigenen Denkens und nach den eigenen objektiven<br />

Interessen fragen, sollen diese nicht hinterrücks die theologischen<br />

Produkte strukturieren. Es ist nicht minder plausibel, dass man sich nach<br />

der aktuellen Dynamik in der kirchlichen Landschaft fragt, wenn man eine<br />

relevante Ekklesiologie entwerfen will, oder dass man das gängige moderne<br />

Selbstverständnis im Zusammenhang der gesellschaftlichen Lage (und<br />

nicht nur eine philosophische Theorie darüber) für eine Anthropologie<br />

oder eine Lehre des Glaubens berücksichtigt.<br />

In einer besonderen Weise signifikant ist der Zusammenhang zwischen<br />

Feldern und theologischen Positionen allerdings für das ökumenische<br />

Feld. Es würde gar nicht existieren ohne feldbedingte theologische<br />

Positionsunterschiede.<br />

Ökumene und theologische Positionen bedingen einander. Gäbe es<br />

keine unterschiedlichen Kirchen und <strong>Theologie</strong>n, gäbe es keine Ökumene<br />

im heutigen Sinne. Es gäbe aber auch keine andere Ökumene, wie etwa die<br />

einer einzigen institutionellen Weltkirche. Denn es ist praktisch nicht möglich,<br />

dass es nur eine Kirche oder gar nur eine <strong>Theologie</strong> gibt. Eine Vielfalt<br />

von Kirchen entspricht schlicht und einfach den vielfältigen Formen<br />

menschlichen Lebens. Institutionelle Einheit und/oder glaubensmäßige<br />

Einheitlichkeit sind aus praxeologischer Perspektive unmöglich.<br />

Dass für jede Kirche und <strong>Theologie</strong> eine bestimmte „Doxa“ gilt, ist<br />

die Bedingung der Möglichkeit zwischenkirchlicher Beziehungen und<br />

zugleich deren Problem. Die Positionen im religiösen Feld verteilen sich<br />

nicht nach Gesichtspunkten der Menschenfreundlichkeit und Toleranz<br />

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