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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Technik, die es erlaubt, eben diese Dispositionen der Habitus herauszuarbeiten<br />

ohne die Vermittlung von Habitus und Feld zu verlieren. Das<br />

Resultat ist ein aufgrund der empirischen Daten konstruiertes Modell des<br />

Netzes der kognitiven Dispositionen. Versucht etwa eine deutsche Lutheranerin<br />

die <strong>Theologie</strong> von Pfingstkirchen in der Dritten Welt zu verstehen,<br />

wird sie sich vermutlich an der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium<br />

orientieren und die Pfingstler für „gesetzlich“ halten. Damit hätte sie<br />

die Realität einer apokalyptischen Rekonstruktion menschlicher Würde in<br />

der pfingstlichen <strong>Theologie</strong> weit verfehlt. (Schäfer: Unterscheiden) Praxeologische<br />

Interpretation dagegen setzt bei der Nachfrage der Anderen nach<br />

religiösem Sinn an und erlaubt, die fremde <strong>Praxis</strong> jedenfalls ansatzweise in<br />

ihrer eigenen Dynamik wahrzunehmen.<br />

3. Anthropologie und Glaubenslehre<br />

Die Einsicht, dass Glaube auf „menschliche Ausdrucksformen“ angewiesen<br />

ist und unmittelbar mit menschlichen Praktiken zu tun hat, wird in der<br />

ökumenischen Bewegung und <strong>Theologie</strong> weitgehend geteilt. 181 Was das<br />

genau heißt, entscheidet sich am entsprechenden Menschenbild. Was aber<br />

das Menschenbild ausmacht, entscheidet sich schon mit den impliziten<br />

Axiomen der Wahrnehmung, die einer jeden Formulierung von theologischer<br />

Anthropologie vorausliegen. Welche Voraussetzungen werden zum<br />

Beispiel schon im ersten Satz dieses Absatzes gemacht, wenn dort auf das<br />

Verhältnis von Glaube und Leben das Schemas von Ausdruck und Inhalt<br />

angewandt wird? Oder was kann man sich unter einem „Subjekt des<br />

Glaubens“ vorstellen, und reicht dieser Begriff hin, um die soziale Dimension<br />

gelebten Glaubens in den Blick zu bekommen? Wozu taugt die beliebte<br />

Trennung von Individuum und Gesellschaft (dann auch: Individuum<br />

und Kirche)? Wie steht es mit der Bedeutung von Wünschen, Begierden,<br />

Affekten (den Gegenständen der Psychoanalyse und Psychologie) für den<br />

gesellschaftlich gelebten Glauben? Was hat es für den Glauben auf sich mit<br />

den Zuständen des Leibes, etwa bei Behinderung, Krankheit oder auch im<br />

liturgischen Handeln? Welche Rolle haben die Konstitution von Wissen<br />

und Bewusstsein für den Zusammenhang von Glaube und Leben? Welche<br />

Bedeutung haben Wille und Entscheidung, wenn man sie nicht subjektiv<br />

181 Sie befindet sich etwa an sehr prominenter Stelle in der jüngst erschienenen Studie<br />

des ÖRK über ökumenische Hermeneutik, vgl. World Council of Churches (Hg.): Treasure,<br />

deutsch, Heller (Hg.): Schatz, § 2; vgl. auch § 35.<br />

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