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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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herrschenden Meinung usw. erworbene) Wahrnehmungs- und Deutungsschemata<br />

verfügen. Denn erst diese erlauben es ihnen, die Zeichen in dem genannten Sinne<br />

überhaupt wahrzunehmen, zu deuten und somit unter ihre Wirkung zu geraten.<br />

Schemata der Wahrnehmung und des Urteilens transformieren somit gesellschaftliche<br />

Unterschiede in symbolische; und durch die Schaffung von Entsprechungen<br />

(vor allem: Homologien) zwischen den Feldern der materiellen und der symbolischen<br />

Reproduktion erzeugen sie „sozialen Sinn“. 80 Dies heißt aber auch, dass die<br />

Bedeutungen und der Sinn, die bestimmten Praktiken und Zeichen beigelegt<br />

werden, in der Spannung der gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse stehen und<br />

nur aus der Dynamik dieser Relationen heraus zufriedenstellend verstanden<br />

werden können. Denn: „Auch der Markt der symbolischen Güter weist seine<br />

Monopole und Herrschaftsstrukturen auf.“ (Bourdieu Entwurf 156). Spätestens<br />

hier zeigt sich, dass die Unterscheidung in subjektiven und objektiven Sinn zwar<br />

von Bedeutung ist, wenn es um die von der Phänomenologie fokussierten subjektiven<br />

Prozesse der Sinnkonstitution in der zeitlichen Dauer geht. Sie tritt aber in<br />

den Hintergrund, wenn angenommen werden kann, dass die subjektiven Dispositionen<br />

die aus der Erfahrung hervorgehen, internalisierte objektive Schemata sind.<br />

Auf der Basis dieser recht gut belegten Annahme 81 lassen Bourdieus Ausführungen<br />

einen Sinnbegriff erkennen, der die Beziehung zwischen Akteuren und ihren<br />

gesellschaftlichen Aktions- und Erleidensfeldern, zwischen erlebtem Sinn und<br />

gesellschaftlich erwirktem Sinn genauer in den Blick zu nehmen erlaubt. Sinn ist<br />

folglich praktischer Sinn.<br />

80 Bourdieu erläutert dieses Verhältnis an einem Beispiel wie folgt: „It is in the correspondence<br />

between one structure and another (ideological field and social field) or between<br />

one position and another (in each of these fields), and not between one element and<br />

another that significance, i.e. function, is revealed. For example, the internal analysis of<br />

doxosophic utterances (produced by the specialists in ‚political science‘) shows that the<br />

most common rhetorical device in use consists of setting up two extreme positions (archaic<br />

conservatism – unrealistic revolutionism) in order to produce the mean position of rational<br />

and reasonable equilibrium. This structure, understood as such, corresponds to the structure<br />

of the dominant class, characterized by the opposition between a fraction that is ideologically<br />

re(t)rograde because it is threatend with decline, and a progressive segment (dominant/dominated),<br />

the bureaucratic fraction having as its particular interest the general<br />

interests of the class – that is to say enlightend conservatism wich is opposed both to<br />

reactionary conservatism and blind progressivism. It is therefore the ideological system as such<br />

and not this or that element of it (e.g. the adoption of stylistic neutrality in Le Monde or<br />

Flaubert‘s refusal of commonplaces), which can be shown to correspond to the system of<br />

social relations which it expresses in a similar way to the phoneme which has no link with<br />

a concrete referent except in so far as it functions within a system.“ (Bourdieu: Power 119,<br />

Anm. 18)<br />

81 Vgl. hierzu vor allem Bourdieu: Entwurf und Bourdieu: Unterschiede.<br />

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