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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Wir reden nicht von Zeichensystemen im strengen Sinne des Wortes, sondern<br />

von praktischer Logik. Diese ist in ständigem Gebrauch. Deshalb sollte<br />

man deren praktische Schlüssigkeit und kreative Unbestimmtheit<br />

besonders beachten.<br />

Praktische Logik arbeitet mit relativ wenigen Schemata, um Praktiken und<br />

Diskurse zu organisieren. Wenn es um praktische Schlüssigkeit und Effizienz<br />

geht, ist es besser, mit wenigen Schemata operieren zu können. Dies<br />

ist gleichwohl nicht immer möglich. Aber nichts stellt den Wunsch nach<br />

gelingendem Handeln und durchschlagenden Diskursen vor größere<br />

Probleme als komplexe Begründungen, Ableitungen und Übertragungen –<br />

obwohl gerade ein umsichtiges Handelns und Reden mit mittel- und langfristiger<br />

Perspektive gerade ohne Komplexität nicht auskommt. Gleichwohl<br />

gilt: Komplexität verhindert schnelles und entschlossenes Handeln<br />

und eingängige Slogans. Dies ist besonders in Feldkonjunkturen von<br />

Bedeutung, in denen ausgeprägte Interessengegensätze aufeinander prallen<br />

und positionsspezifische Strategien wichtiger werden als solche, die am<br />

Gemeinwohl orientiert sind. Nicht einmal unpassendes Handeln aufgrund<br />

der Verkennung der Lage ist für positionelles Denken gefährlicher als<br />

Komplexität. Denn positionelles Denken berechnet – im Widerspruch zu<br />

seiner ständigen Beteuerung der Verpflichtung auf die Wahrheit schlechthin<br />

– seine eigene Wahrheit als Verbesserung der eigenen Position gegenüber<br />

anderen im Raum der sozialen, politischen oder religiösen Konkurrenz.<br />

Die einfachen Wahrheiten verhelfen im Streit der Positionen<br />

meist zu komparativen Vorteilen populistischer Art. Zusätzlich erzeugt die<br />

Tatsache, dass praktische Logik mit einfachen Schemata reibungsloser<br />

operieren kann, in der Wahrnehmung der Akteure die Illusion, dass das<br />

Simple als solches schon erstrebenswert sei. In ihrem „Klar und wahr!“<br />

liegt der „lex appeal“ der Fundamentalismen.<br />

Auch der o.g. Prediger arbeitet in seinen Ausführungen über Lukas<br />

mit einfachsten Schemata, die allen Hörerinnen und Hörern geläufig sind.<br />

Aber er führt sie nicht ganz schlüssig aus und konstruiert kein geschlossenes<br />

System. Zudem entsteht Sinn ja erst im Hören, also vermittels aktivierter<br />

Dispositionen der Wahrnehmung. Der Gebrauch der Rede erzeugt<br />

Sinn; und zwar nicht zuletzt dadurch, dass er noch die kleinsten Unbestimmtheiten<br />

der Diskurse kreativ zum Improvisieren nutzt.<br />

Im allgemeinen verfährt die praktische Logik in ihrer Arbeit mit den<br />

Schemata zwar schlüssig. Man sollte aber beachten, dass die Operationen<br />

der praktischen Logik nicht den Prinzipien der „logischen Logik“ (Bourdieu)<br />

der Wissenschaft unterliegen, sondern vielmehr den Orientierungen<br />

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