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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Platons theoria), außerhalb der Auseinandersetzungen der Welt. Als „sinnlich<br />

menschliche Tätigkeit“ sind sie „hineingeboren in die Beziehung zu<br />

anderen Menschen“, haben spezifische „Identitäten“ und finden sich<br />

wechselnden Anforderungen und Gefahren ausgesetzt. (World Council of<br />

Churches: Guidelines, §§ 2 bis 7) Wenn man für den interreligiösen Dialog<br />

sagt, dass nicht Religionen sondern Menschen miteinander reden, 100 dann<br />

kann damit kaum ein gesellschaftsloses Individuum gemeint sein. 101 Man<br />

hat es dann mit menschlicher <strong>Praxis</strong> zu tun.<br />

Damit stehen aber auch bestimmte Urteilsweisen und Methoden sowie<br />

auch ganze Vokabulare auf dem Prüfstand und sollten gegebenenfalls verändert<br />

oder ausgetauscht werden. Ich kann hier nicht eine breit angelegte<br />

Untersuchung über theologische und religionswissenschaftliche Beschreibungsvokabulare<br />

und die Probleme der Modellkonstruktion in Religionswissenschaft<br />

und <strong>Theologie</strong> führen. Aus praxeologischer Sicht werde ich<br />

nur zwei Beispiele für diese Problematik anführen: die Erwartung von<br />

logischer Kohärenz und Widerspruchsfreiheit sowie die theologische Liebe<br />

zur Analogie.<br />

1. Widerspruchsfreiheit: Wenn man eine fremde oder die eigene Religion<br />

beschreibt und wenn man theologische oder andere religiöse Diskurse<br />

hervorbringt, erwartet man ein gewisses Maß an logischer Kohärenz und<br />

Widerspruchsfreiheit. Man ist im Allgemeinen sogar geneigt, die logische<br />

Widerspruchsfreiheit als Kriterium für Wahrheit oder mindestens für<br />

Qualität der untersuchten <strong>Praxis</strong> anzusehen. Man sollte aber beachten,<br />

dass logische Widerspruchsfreiheit nicht unbedingt auch praktische Widerspruchsfreiheit<br />

bedeutet, sondern manchmal vielmehr das Gegenteil.<br />

Warum?<br />

Bei aller Kohärenz von Praktiken, Bewertungen und Wahrnehmungen<br />

brauchen Akteure, unter den Bedingungen der laufenden Zeit und den sich<br />

verändernden Anforderungen, ein großes Repertoire an möglichen, latenten<br />

Wahrnehmungs-, Urteils- und Handlungsdispositionen. Diese sind<br />

einander ähnlich, ohne doch immerzu die gleichen Urteile und Praktiken<br />

hervorzubringen; und sie müssen einander auch in einem gewissen Maße<br />

100 Vgl. Feldtkeller: Traumpaar 273, sowie Antonio Otzoy im Motto dieses Hauptteils.<br />

101 Sundermeier (Gespräch 324) spricht im Zusammenhang des interreligiösen Dialoges<br />

und in Anlehnung an Jan Assmann vom „kulturellen Gedächtnis“, das alle Menschen in<br />

sich tragen. Diesen Terminus kann man auffassen als einen noch recht allgemeinen Hinweis<br />

auf jene komplexen Zusammenhänge, welche die Theorie des Habitus und deren<br />

Operationalisierung im Modell des Netzes der Dispositionen sehr viel differenzierter in<br />

den Blick bringen können.<br />

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