02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

verweist. (Möglicherweise liegt den Fundamentalisten deshalb so viel an<br />

Politik als einer Ersatzreligion.) Die liberale, relativierende Verwendung<br />

des Operators „Geist“ hält umgekehrt die Grundlage von Religion<br />

schlechthin gerade dadurch aufrecht, dass sie die Existenz eines „Reiches“<br />

behauptet, welches derart wirklich sein soll, dass es dem Wissen und dem<br />

Zugriff des Menschen prinzipiell entzogen ist. Die zentrale Operation von<br />

Religion entspricht somit einem praktischen Interesse an Relativierung der<br />

Menschen untereinander.<br />

So gesehen ermöglicht Religion auch die Selbstüberschreitung der<br />

jeweils eigenen Positionen zu den jeweils Anderen. Indem eine Religion<br />

den relativierenden Effekt der Existenz des Absoluten auch für sich selbst<br />

behauptet, reiht sie sich unter alle anderen Relativen ein. Indem sie nominell<br />

auf Universalität verzichtet, erzielt sie also faktisch zumindest in diesem<br />

Punkt Allgemeinheit: Sie ist wie alle anderen faktisch relativ und<br />

versteht sich auch so. Diese Allgemeinheit ist freilich keine rational-normative<br />

Universalität, sondern eine praktische und relative, am Leben orientierte.<br />

Theologisch gesprochen ist es also genau die Form von Universalität,<br />

auf welche hin der Glaube in der Liebe angelegt ist.<br />

Die Vernunftform, die dieser Auffassung von Universalität entspricht, ist<br />

die „transversale Vernunft“ (Welsch). Die religiöse Sprachform dieser<br />

<strong>Praxis</strong> ist das Bekennen des Glaubens. Aus dem bekennenden Leben kann<br />

eine besondere Form von Dialog entstehen. Aber Dialog setzt voraus, dass<br />

man weiß, worüber man redet und wer man ist. Doch, wer man ist, weiß<br />

man nicht ohne die Anderen. Dies ist, jedenfalls heute, auch für alle Religionen<br />

der Fall, denn die praktischen Beziehungen auf dem Globus lassen<br />

keine Isolation mehr zu. Beschreibung, Selbstbeschreibung und Dialog<br />

gehören zusammen.<br />

Man kann <strong>Theologie</strong> der Religionen als Selbstbeschreibung auffassen.<br />

Beschreibung seiner selbst und Anderer ist eine Voraussetzung dafür, das<br />

Verhältnis zwischen Anderen und einem selbst zu bestimmen. <strong>Theologie</strong> der<br />

Religionen ist Selbstbeschreibung im Blick auf Andere. 98 Religionswissenschaft<br />

(im allerweitesten Sinn, inklusive Religionssoziologie etc.) ist Fremdbeschreibung.<br />

Sie dient damit theologischer Standortbestimmung unter<br />

den Religionen.<br />

98 Vgl. Bernhardt: Trinitätstheologie 287. Selbstvergewisserung beruht auf Selbstbeschreibung,<br />

denn nur so kann das Urteil gefällt werden „wir sind wir“.<br />

338

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!