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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Relationen, in denen die Menschen eines bestimmten kulturellen bzw. sozialen<br />

Raumes existieren, unter einer bestimmten, alle Relationen gleichzeitig in den Blick<br />

nehmenden und als Einheit in der Unterschiedenheit darstellenden Hinsicht. Das<br />

Symbol konzentriert die dem Subjekt und seinem Bewusstsein externen und es aus<br />

der Externität heraus bestimmenden Relationen; ganz gleich, ob man – wie Ricoeur<br />

hervorhebt – aus der Sicht Nietzsches, Marx‘, Freuds oder auch von einem<br />

noch „vagen Terminus des Heiligen“ (Ricoeur) her blickt: „der Brennpunkt des<br />

Sinns ist nicht das ‚Bewusstsein‘, sondern Anderes als das Bewusstsein“ (Ricoeur:<br />

Interpretation 69). Darin, dass Symbole die verschiedenen, verstreuten Bedeutungen<br />

des Daseins in seinen verschiedenen Relationen interpretierend zusammenfassen<br />

und über diese Zusammenhänge hinaus auf einen „Brennpunkt des Sinns“ außerhalb<br />

des Bewusstseins verweisen, erzeugen sie Sinn. Symbole arbeiten somit auf<br />

der Grundlage von Praktiken.<br />

Damit erscheint ein Sinnbegriff, der von <strong>Praxis</strong> und Gebrauch her entworfen<br />

ist, gut geeignet, den ricoeurschen Symbolbegriff gewinnbringend nutzen zu<br />

können. Religiöse Symbole, Metaphern, Homologien etc., die Produkte der Polysemie,<br />

können somit als Elemente praktischer Logik begriffen werden. Damit ist<br />

dann der Rahmen eines subjektivistisch-intentionalen Sinnbegriffes verlassen.<br />

Die Begriffe Sinn und Bedeutung gehören zu den wichtigsten, am meisten<br />

verwendeten und zugleich unklarsten Termini, auf die man trifft, wenn man sich<br />

für das Mitspielen der geistigen Vorstellungen in der religiösen und gesellschaftlichen<br />

<strong>Praxis</strong> interessiert. Die Verwendung von Sinn und Bedeutung gemäß den<br />

Vorgaben der platonischen Abbildtheorie kann im Folgenden unerwähnt bleiben,<br />

da sie genauso einfach zu handhaben ist wie untauglich zur Erklärung der Phänomene.<br />

Im Gegenzug hat der Strukturalismus über weite Strecken die Objektbezogenheit<br />

der Zeichen zugunsten ihrer Bezogenheit zu anderen Zeichen im Sprachsystem<br />

nur wenig beachtet. Die Bedeutung (signification) wird dementsprechend im<br />

Verhältnis zwischen Lautbild und Vorstellung davon sowie an der Position des<br />

Zeichens im Zeichensystem festgemacht (Barthes: Elemente 41 ff.) und als arbiträr<br />

betrachtet; das heißt vor allem: unabhängig von einer natürlichen Beziehung<br />

zwischen Wörtern und Dingen und abhängig von einer theoretisch postulierten<br />

Übereinkunft der Kommunikationsgemeinschaft. Ähnlich wie der contrat social<br />

Rousseaus, dessen erster grundlegender Handschlag zwar in Freiheit und Gleichheit<br />

vollzogen sein soll, aber gleichwohl nur in der Phantasie des Vertragstheoretikers<br />

und nicht in der Wirklichkeit stattgefunden hat, sieht jene der analytischen<br />

Reinheit verpflichtete strukturale Linguistik nicht die Bedingungen, unter denen<br />

sich die symbolischen Austauschprozesse ereignen. Sie kann per definitionem<br />

nicht wahrnehmen, dass die Referenzobjekte, die Elemente der objektiven Welt,<br />

kraft ihrer eigenen Dynamik sich der Erfahrung und der Sprache aufdrängen und<br />

als Wahrgenommene vermittels eines „kulturell determinierten Systems von<br />

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