02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ethnisch-religiösen Kontingenzbewältigung und zum Erhalt der Jahwe-<br />

Religion wurde deshalb zweierlei nötig: Bekämpfung der babylonischen<br />

„Götzen“ und Uminterpretation Jahwes von einem exklusiv ethnischen zu<br />

einem universal handelnden Gott mit einer metaphorisch universalisierten<br />

ethnischen Basis (dem Zion) und den „Nationen“ als Junior-Partnern. 61<br />

Somit können bestimmte Aspekte des religiösen Feldes nach dem<br />

Modell von Austauschverhältnissen kultureller bzw. religiöser sowie symbolischer<br />

Güter konstruiert werden, und zwar nicht nur im Hinblick auf<br />

die Konkurrenz der Anbieter 62 (also Produzenten der Jahwe-Religion<br />

versus Produzenten der babylonischen Religion), sondern auch im Blick<br />

auf das Zusammenspiel von Nachfrage nach Sinn und Sinn-Angeboten 63<br />

(etwa den Umgang mit dem Unterworfensein unter ein fremdes Volk und<br />

die Universalisierung des Jahwe-Begriffes). (Bourdieu: Génese 318 f.)<br />

Dieses Verhältnis von Nachfrage nach Sinn und religiösem Angebot<br />

auf dem Markt religiöser Güter im Rahmen der gesellschaftlichen Austauschverhältnisse<br />

wird im Modell des Habitus berücksichtigt. Es ist dort als<br />

„Wahrnehmungsschema“ konstruiert, welches ebenfalls eine konstatierte<br />

Problemlage mit ihrer spezifischen religiösen Antwort relationiert, das<br />

61 Insbesondere die Perser werden in Deuterojesaja als „exemplar of a positive, responsive<br />

partner“ gehandelt (Brueggemann: Theology 518). Die Metaphorik der religiösen Sprache<br />

verändert nicht nur den Herrschaftsbereich Jahwes. Auch der Bezug auf Zion wird verwandelt:<br />

Zion ist nun nicht mehr nur einfach ein Ort, sondern wird zu einer Person (ohne<br />

dadurch nicht auch noch Ort zu sein!). Zion wird auf diese Weise als Ehefrau Jahwes und<br />

Königin der Völkerwelt stilisiert. Vgl. Jüngling: Jesaja 403 f.<br />

62 Auf der Konkurrenz der Anbieter liegt (in Anknüpfung an Weber) der Schwerpunkt<br />

der religionssoziologischen Arbeiten Bourdieus, die allerdings nur einen wenig bedeutenden<br />

Seitenstrang seiner Arbeit darstellen; vgl. vor allem Bourdieu: Religion (engl. leicht<br />

gekürzt als Bourdieu: Interests), Bourdieu: Interpretation, Bourdieu: Genése (dt. leicht paraphrasierend<br />

und gekürzt Bourdieu: Genese); am „Rande“ oder in kleinen Beiträgen Bourdieu:<br />

Glaube, Bourdieu: Auflösung, Bourdieu: Power und Bourdieu/Saint Martin: Famille. Die<br />

Interpretation des religiösen Feldes als Markt wird einer religiösen Religionswissenschaft<br />

wahrscheinlich als Profanation erscheinen. Dazu eine Erinnerung an William James: „Wir<br />

schrecken instinktiv zurück, wenn wir eine Sache, der wir mit unseren Gefühlen und<br />

Neigungen verbunden sind, rein verstandesmäßig behandelt sehen wie eine beliebige<br />

andere Sache auch. Das erste, was der Verstand mit einem Gegenstand tut, ist ihn in eine<br />

Klasse mit anderen zu stellen. Ein Gegenstand jedoch, der uns unendlich wichtig ist und<br />

Ehrfurcht in uns auslöst, gibt uns zugleich das Gefühl, er müsse sui generis und einzigartig<br />

sein. Wahrscheinlich würde ein Krebs sich persönlich entrüsten, wenn er hören könnte,<br />

wie wir ihn ohne viel Aufhebens und ohne ein Wort der Entschuldigung den Schalentieren<br />

zurechnen und entsprechend über ihn verfügen. ‚So etwas bin ich nicht‘, würde er sagen,<br />

‚ich bin ICHSELBST, NUR ICHSELBST‘.“ (James: Vielfalt 44)<br />

63 Vgl. Bourdieu: Génese 318 f.<br />

301

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!